: Albaner sollen wieder ins Kosovo
■ Bürgerschaft lehnte Petition ab / Familie muß jetzt täglich Abschiebung befürchten
Für eine Flucht der albanischen Minderheit aus dem jugoslawischen Kosovo sieht die Bremer Bürgerschaft keinen Grund. „Es liegen keine Berichte des Auswärtigen Amtes vor, wonach Jugoslawien bzw. Serbien als Krisengebiet einzustufen ist, in das Abschiebungen nicht erfolgen sollen“, heißt es im Ablehnungsbescheid einer Petition des Ausländisch -Deutschen Gesprächskreises Walle. Nach dieser Entscheidung muß die neunköpfige Familie Zeka in Bremerhaven jetzt täglich mit ihrer Ausweisung rechnen.
Im Herbst 1987 war die Familie aus Kosovo geflüchtet, nachdem die älteste Tochter auf einer Hochzeitsfeier festgenommen und im Gefängnis Djakewo zusammen mit ihrer Freundin gefoltert worden war. Nach drei Wochen kam sie nur durch Zufall mit starken Prellungen, einem blauen Auge und einem kahlrasierten Kopf davon. Einziger Grund für ihre Festnahme war das Singen
von Liedern der albanischen Minderheit, die von der serbischen Zentralregierung verfolgt wird.
Andere Albaner kamen in den vergangenen Monaten im jugoslawischen Nationalitätenkonflikt weniger glimpflich davon. Entsprechende Berichte und Gutachten der „Gesellschaft für bedrohte Völker“ und von „amnesty international“ lagen dem Bremer Petitionsausschuß vor. Kriegsrecht, Ausgangssperren, zahllose willkürlich auf der Straße Erschossene, Verhaftung ganzer Sippen, Zerstörung von Häusern und weitere von der serbischen Mehrheitsregierung geduldete und zum Teil sogar provozierte Übergriffe auf die albanische Minderheit gehören zum Alltag.
Doch das bedeute noch lange nicht, „daß ein weiteres Verbleiben der Familie Zeka dort unzumutbar geworden wäre“, urteilt die Bremer Bürgerschaft. Zwar bleibt sie im Ton freundlicher als das Asyl-Bundesamt in Zirndorf, das in der Verfolgung der albani
schen Familie schlicht eine „frei erfundene Fluchtlegende“ sah. Doch in der Sache beharrt die Bürgerschaft auf Abschiebung.
Schließlich hätte die Familie ja ungehindert aus Jugoslawien ausreisen können - folglich könnten die dortigen Behörden „kein Verfolgungsinteresse gehabt haben“. Und selbst wenn die Berichte über das Pogrom im Kosovo zuträfen, gäbe es für die Albaner auch noch eine „ausreichende inländische Fluchtalternative“. Schließlich könnten sie ja auch „in den anderen Teilrepubliken Jugoslawiens“ unterkommen. Wovon sie dort ohne den Rückhalt ihrer Großfamilie leben sollen, hat die Bremer Bürgerschaft nicht beschäftigt. Eine „Duldung“ trotz der rechtskräftigen Ablehnung des Asylantrags wie im Falle von kurdischen Flüchtlingen kommt für sie nicht in Frage. „Da hilt jetzt nur noch öffentlicher Protest“, meint Heide Kops vom Waller Gesprächskreis.
Dirk Asendorpf
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