Gratis-Werbung auch bei Radio Bremen?

■ Direktor der Landes-Medien-Anstalt über Werbekampf, Offene Kanäle und neue 5. Frequenz

Werbezeit zum Nulltarif: Was der Münchener Privatsender „PRO 7“ in Bremen künftig veranstalten will, darüber denkt man inzwischen auch bei Radio Bremen (RB) laut nach - wenn auch nicht in allen betroffenen Etagen gleichzeitig. Die Lage: Es gibt massive Einnahme-Einbußen, weil Werbekunden vom öffentlich-rechtlichen Hörfunk und Fernsehen zu der privaten Konkurrenz abwandern. Die Idee: neue Unternehmen als Werbekunden zunächst mit einem Nulltarif zu ködern - zahlen muß für seine Werbung nachträglich nur, wer damit auch nachweislich Erfolg hatte. Woran das wer merken will und welche Firmendaten dazu offengelegt werden müssen, ist derzeit noch völlig unklar. Einen entsprechenden Vertrag hatte die Wirtschafts-Förderungs-Gesellschaft und „PRO 7“ bereits ausgehandelt.

Daß auch Radio Bremen mit den gleichen Waffen zu fechten überlegt, erwähnte gestern beiläufig der Direktor der Landes -Medienanstalt (LMA), Wolfgang Schneider: „Radio Bremen hat ein hohes Interesse, dieses Modell nachzumachen.“ - „Damit kann man ein neues Potential als Kunden gewinnen und binden“, bestätigte gegenüber der taz Heiner Thies, RB -Direktoriums-Geschäftsführer und außerdem nebenamtlich Prokurist bei der RB-Tochter 'Radio Bremen Werbung‘. Ärger bei den alten Kunden, die teuer für ihre Werbeminuten zahlen müssen, und den

potentiellen Gratis-Neuein steigern sah er nicht: „Wir sind nicht zu 100 % ausgelastet und müssen die Werbezeit verkaufen - zu den Konditionen, die eben möglich sind.“ 'RB-Werbung‘ selbst erfuhr gestern von diesen Überlegungen durch die taz: „Darüber ist mit mir nie gesprochen worden, ich versuche, Werbung herinzuholen, die auch bezahlt wird“, erklärte 'Werbung's-Chef Johann Plog. Zusammen mit den Plänen fürs harmonisierte Vorabend-Programm (vgl. S. 23) soll jetzt der Nulltarif mit eventuellem Erfolgshonorar in Gremien und Aufsichtsrat beraten werden.

Die miesen Werbeeinnahmen bei Radio Bremen spielen auch eine Rolle bei dem Verfahren um die neu zu vergebende 5. Radio-Frequenz, für die nach bisherigen Plänen am 1.4.90 die Bewerbungsfrist für private AnbieterInnen begonnen hätte. Schneiders Logik: Wenn von den 300-450.000 RB-HörerInnen ein Teil wegwandert, kann RB per Einschaltquote uninteressant werden für manche „nationalen Werbetreibenden“. Also gibt es keine Eile, sondern Bedenken, die Konkurrenz in der Stadt aufzubauen. Ein „Danaer-Geschenk“ sei diese 5. Frequenz, fand Schneider: Weil der geplante Kleinstsender bis 1996 nur das stadtbremische Gebiet abdecken würde, sei es ein sicheres Geschäft für Private, die ihre üblichen Programme auch hier abstrahlen und zusätzliche Wer

bung kassieren - teuer aber für regional produzierende Anbieter. Eigentlich soll die Frequenz laut Bremer Landes -Mediengesetz aber „vorrangig“ lokale InteressentInnen berücksichtigen, die in Bremen produzieren und überdies kulturförderlich und bürgerbeteiligend sind. „Ich betone: 'vorrangig'“, erklärte Schneider, „wenn sich keine geeigneten Anbieter finden, können auch andere lizensiert werden.“ Neben auswärtigen Interessenten gibt es den Weser -Kurier-Verleger, der bereits vorsorglich eine GmbH „für neue Medien in Bremen“ gegründet hat, und eine Bremer JournalistInneninitiative.

„Offene Kanäle“ in Bremen

und Bremerhaven, auf denen BürgerInnen unzensiert und technisch unterstützt eigene Beiträge aussenden können, will die LMA ab 1991 lizensieren und fördern: 1,5 Mio. Mark für Investitionen und jährlich 500.000 Mark für laufende Kosten sollen aus den abgezweigten Gebühreneinnahmen lockergemacht werden. Für den Bereich Fernsehen - per Kabel - fand Schneider das auch höchst sinnvoll. Ob im Bereich Hörfunk neben dem 'Offenen Kanal‘ von Radio Bremen und der Bremerhavener 'Wutwelle‘ ein antennenempfangbarer Offener Kanal eingerichtet werden sollte, sei noch zu diskutieren. Susanne Paa