„Bedingungsloser Kampf“

Horst Becker, schlafloser Präsident des Hamburger SV, über die Unvorstellbarkeit des Abstieg seines Klubs  ■  I N T E R V I E W

'dpa‘: Horst Becker, unglaublich, aber wahr: Der HSV erstmals seit 1973 wieder auf einem Abstiegsplatz. Haben Sie das schon begriffen?

Becker: Das beschäftigt mich unheimlich. Da kann man kaum noch ruhig schlafen. Aber wir dürfen uns nicht verrückt machen und müssen ruhig bleiben.

Wie konnte der HSV so tief sinken?

Das ist eine lange Geschichte, und es gibt viele Theorien über falsche Trainer und falsche Spielereinkäufe. Viele Dinge kommen zusammen. Ein Strudel, der uns nach unten gedrückt hat.

Und wurde nicht zu Beginn dieser Saison die Gefahr unterschätzt?

Wir haben uns alle blenden lassen vom vierten Tabellenplatz im letzten Jahr.

Ist der HSV so schlecht, wie er steht?

Nein. Es ist viel Pech dabei. Wenn wir im gesicherten Mittelfeld stehen würden, hätte die Mannschaft in Bremen nicht verloren. Werder war zu schlagen. Aber es hat sich die Nervenbelastung gezeigt. Fußball wird nun einmal zur Hälfte im Kopf entschieden.

Trotz einiger im Weser-Stadion vergebenen Großchancen: Man hatte nicht den Eindruck, als hätten die HSV-Spieler die Gefahr begriffen und alle Kräfte mobilisiert.

Schwer zu sagen. Wenn man wie wahnsinnig kämpft, kann man auch schnell in Konter laufen. Wir wollten kontrolliert spielen. Ich hatte nicht den Eindruck, als sei die HSV -Mannschaft lustlos. Aber es ist richtig: Die Mannschaft hat es in Bremen mit spielerischen Mitteln versucht. Das muß sich jetzt ändern. Ab sofort hilft nur noch bedingungsloser Kampf.

Können Sie sich vorstellen, daß der HSV absteigt?

Für mich immer noch unvorstellbar, daß wir absteigen. Obwohl, man muß sich auch damit beschäftigen. Die Gefahr ist sicherlich gewachsen, und der Druck wird stärker.

Wie zieht der HSV den Kopf noch aus der Schlinge?

Es sind noch sieben Spiele. Da wollen wir nicht in Panik verfallen. Solange wir es noch aus eigener Kraft schaffen können, haben wir keine Veranlassung, schwarz zu sehen. Aus den vier Heimspielen müssen jetzt sieben Punkte her und dazu noch ein oder zwei auswärts. Mit 29 oder 30 Punkten wird man wohl drin bleiben.

Liest man die Tabelle, hat Trainer Gerd-Volker Schock als Reimann-Nachfolger nicht allzu viel beschickt. Hat sich da der Trainer-Wechsel überhaupt gelohnt?

Reimann hat einen anderen Fußball gespielt, nicht so attraktiv, mehr auf Sicherheit. Volker Schock hat gute Arbeit geleistet. An ihm liegt es nicht.