Staatsfeind Nr. 1

■ Schwarze Militanz für weiße Kids: Public Enemy heizten das Moderne auf

Als ich im Modernes ankam hatte sich schon ein urbanes Tropenklima aus Schweiß und Tabakqualm im gut gefüllten Saal entwickelt und der Support-Act Silverbullit verabschiedete sich gerade von der Bühne. Viel länger als 20 Minuten können sie nicht gespielt haben. Dafür ließen Chuck D und Mannen die buntgemischte Bremen-Posse erstmal eine lange halbe Stunde warten. Um kurz nach neun wars dann soweit, das Licht ging aus, die Arme im Publikum hoch und ein ohrenbetäubendes Willkommens-Pfeifkonzert empfing die selbsternannten Staatsfeinde. Chuck D, Flavor Flav, DJ Terminator X und Professor Griff nebst dreiköpfiger Miliz im Black Panther-Outfit stürmten die Bühne und ab ging die Luzie. Der Hardcore HipHop und die militante Aura, mit der sich Public Enemy umgeben, erfreuen sich ganz offensichtlich eines Zuspruchs, der weit über den üblichen HipHop-Anhang hinausgeht, neben eindeutig identifizierbaren HiphopperInnen drängelten sich auch Nachwuchs-Autonome, ganz normal Ausgeflippte und sogar - aus welchen Gründen auch immer - aufstrebende Yuppie-Erben im Modernes. Auch eine ganze Reihe GI's aus den umliegenden Garnisonen

war gekommen, um, ganz im Gegensatz zu ihrem offiziellen Verteidigungsauftrag „Freiheit und Democracy“, den schwarzen Staatsfeinden zuzujubeln. In dem gut einstündigen Gig boten Public Enemy weitgehend ein Best-of-Programm, unter anderem „Fight the Power“, „Bring the Noise“, „Don't believe the Hype“. Dazwischen ein paar Stücke von ihrem neuen Album „Fear of a Black Planet“. Unglücklicherweise pausierte Chuck D zwischendrin längere Zeit und überließ die Bühne Flavor Flav alleine, der Power und Groove nicht halten konnte, stattdessen ein langweiliges und geschwätziges Zeitschinden einschob, bis Chuck D wieder bei Atem war. Die weißen Kids ließen sich nicht beirren und feierten alles, was auf der Bühne geschah. Dabei stand die Militanz, die Public Enemy in ihren Texten propagieren, in Widerspruch zur Haltung der Mehrheit des Publikums, die hier politische Meinungen goutierten und beklatschten, denen sie außerhalb des Konzertsaals zumindest keinen sichtbaren Ausdruck verleihen. Vielmehr scheint es so, daß die militante Haltung nicht politisch aufgefaßt, sondern lediglich auf ihre martialische Erscheinungsform reduziert wird. Aber

wahrscheinlich ist das ein Widerspruch, mit dem Public Enemy sogar zuhause leben muß. Abgesehen davon machen sie immer noch einen brillanten Hardcore HipHop, der möglicherweise seine eigenen Langzeitwirkungen hat. Check it out!

Farina