ES RAPPELT IN DER KISTE

■ Knastkampf in Moabit

Am 26.2.90 haben vier Untersuchungsgefangene einen Hungerstreik begonnen, dem sich nach zwei Tagen zwei weitere Gefangene anschlossen. Zur gleichen Zeit gründeten Gefangene eine unabhängige Insassenvertretung, über die sie mit dem Senat in Verhandlungen treten wollen. Nach einer Woche unterbrachen sie den Hungerstreik, um noch mehr Menschen für eine gemeinsame Aktion zu mobilisieren.

Am 19.3. haben ca. 250 Gefangene (Untersucher und Strafer) Essen und/oder Arbeit verweigert. Mindestens 50 von ihnen sind in einen unbefristeten Hungerstreik getreten. Die vorrangigsten Ziele ihres Kampfes sind:

-Beendigung des 23stündigen Einschlusses

-Anerkennung der bereits gebildeten unabhängigen Insassenvertretung

-Aufhebung des Verbots für ausländische Gefangene, sich mit ihren BesucherInnen in ihrer Muttersprache zu unterhalten.

Dies sind nur einige der zahlreichen elementaren Forderungen der Gefangenen. Sie beschreiben damit nicht nur die unhaltbaren Zustände in der JVA Moabit, sondern stehen mehr oder weniger exemplarisch für den derzeit praktizierten U-Haft- und Strafvollzug bundesweit.

Die Verbreitung von Infos und die Diskussion darüber wird im Knast völlig vom Apparat bestimmt. Die Gefangenen sind isoliert und haben kaum Möglichkeiten, sich über die kontrollierten Kontakte hinaus auszutauschen. Zudem sind sie wegen ihres Kampfes einer zusätzlichen Repression ausgesetzt. (Arrestzelle, Besuchsverbot, Verlegung, Sport und Arbeitsverbot etc.). Um sie davor zu schützen, ist eine breite Mobilisierung innerhalb und außerhalb des Knastes notwendig. Die Forderungen können nur durchgesetzt werden über eine breite praktische Unterstützung auch von außen, um gemeinsam Druck auf Senat und Anstaltsleitung auszuüben.

Es besteht eine klare Verbindung zwischen diesem Hungerstreik und den Knast-Widerstandsaktionen der letzten Jahre. Die Themen der zentralen Forderungen waren immer ähnlich:

-Abschaffung jeder Art von Isolation

-freie medizinische Versorgung

-Abschaffung von Zwangsarbeit und Zensur.

Dies gilt für die letzten beiden Hungerstreiks im Frauenknast Plötzensee 1987 und 1989, für den Arbeitsstreik im Männerknast Tegel sowie auch für den letzten Hungerstreik der Gefangenen aus RAF und Widerstand Anfang 1989. Die Zugeständnisse, die hierbei erkämpft wurden, sind letztendlich zum großen Teil nicht eingehalten worden. Die Frauen in Plötzensee haben beispielsweise immer noch kein Kommunikationszentrum. Die Forderungen, die die Moabiter Gefangenen jetzt aufstellen, beschränken sich nicht nur auf ihre spezielle Situation, sondern sind relativ umfassend und somit auch auf andere Knäste übertragbar. Dadurch besteht die Möglichkeit für Gefangene in anderen Knästen, diesen Kampf gleichzeitig mit eigenen Aktionen zu unterstützen. In Tegel überlegen schon einige Gefangene, einen erneuten Arbeitsstreik für die gleichen Forderungen aufzunehmen.

Die praktische Unterstützung von außen und die Gleichzeitigkeit der Kämpfe drinnen können zusammen den nötigen Druck erzeugen, um die Forderungen durchzusetzen!

Wenn Ihr Euch an Aktionen im Knast beteiligt, nutzt jede Möglichkeit, es auch nach draußen zu tragen. Schreibt an: „Hungerstreik“ c/o Verlag Schwarze Seele, Falckensteinstr. 46, 1000 Berlin 36. Teilt uns mit, wer Euer Anwalt ist, damit Ihr schneller erreicht werden könnt.