Chemiewaffenabzug bereits am 18. Juni

US-Militärs gaben in Washington irrtümlich geheime Daten für den Transport der Giftwaffen vom pfälzischen Clausen auf das Johnston-Atoll im Pazifik bekannt  ■  Aus Washington Paasch/Callan

Der Abzug der US-Chemiewaffen aus der Bundesrepublik soll bereits am 18. Juni 1990 beginnen. Nach dem Lastwagentransport der hochgiftigen Kampfstoffe von ihrem rheinland-pfälzischen Lager in Clausen zum US-Munitionsdepot im nahegelegenen Miesau ist der erste Zugtransport von dort in den Nordseehafen von Nordenham für den 30. Juli vorgesehen. Im September sollen die ersten der 100.000 Artilleriegranaten mit dem Nervengas dann auf dem pazifischen Johnston-Atoll, rund 1.100 Kilometer westlich von Hawaii, eintreffen. Nach Informationen der taz hat Generalleutnant Donald Pihl diese bisher geheimen Daten über den Transport der über 400 Tonnen hochgiftiger Kampfstoffe am 20. März in einem Hearing des „House Armed Services Procurement Subcommittee“ in Washington bekanntgegeben.

Die Enthüllungen des US-Militärs, der als „militärischer Stellvertreter des Assistenzsekretärs der Armee für Forschung, Entwicklung und Einkauf“ vor dem militärischen Unterausschuß des Repräsentantenhauses aussagte, waren dabei unfreiwilliger Natur. Als der Kongreßabgeordnete Larry Hopkins den General auf den geheimen Charakter der gerade von ihm preisgegebenen Informationen hinwies, steckten die als Zeugen auftretenden Militärs ihre Köpfe zusammen, tuschelten ein wenig und hüllten sich von da an in peinliches Schweigen. „Nun, jetzt ist es eben nicht mehr geheim“, beendete der Ausschußvorsitzende Les Aspin die Episode.

Bisher hatten bundesdeutsche und US-Behörden am 7. März lediglich die groben Details der umstrittenen C-Waffen -Transporte bekanntgegeben. Danach sind für den LKW-Konvoi von Clausen nach Miesau „30 Werktage“ veranschlagt worden; was mit dem Kalender von General Pihl übereinstimmen würde. Der Zugtransport der in über 7.000 Tonnen Ladung verpackten Giftstoffe soll „sieben Nächte“ in Anspruch nehmen. Der genaue Zeitplan und die Route für den Chemiewaffenabzug, der nach bisherigen Angaben erst im Juli beginnen sollte, waren von Bonn und Mainz aus Angst vor Terrorakten offengelassen worden. Diese Geheimniskrämerei war von Katastrophenschutzexperten (siehe taz vom 9.3.) heftig kritisiert worden, weil so eine angemessene Aufklärung der Bevölkerung über das Verhalten im Katastrophenfall nicht möglich sei.

Der vor allem auf Drängen der Regierung Kohl überhastete Abtransport der C-Waffen aus der Bundesrepublik vor den Wahlen im Dezember droht nun die US-Armee in logistische und finanzielle Schwierigkeiten zu bringen. Fortsetzung auf Seite 2

FORTSETZUNGEN VON SEITE 1

Nach Angaben informierter Kreise im Kongreß mußte der Termin für den Beginn weiterer Verbrennungstests auf dem Johnston -Atoll um mindestens einen weiteren Monat auf Mitte Mai verschoben werden. Da der Bewilligungsausschuß des Repräsentantenhauses die Vergabe der restlichen 17 Mio. Dollar für den Transport und die Vernichtung der C-Waffen an den erfolgreichen Test der Feuerungsanlage im Pazifik gebunden hat, weiß niemand so recht, wann der Armee die Gelder ausgehen werden und was in einem solchen Fall geschehen wird.

Die US-Streitkräfte haben gestern mit ihren Vorbereitungen für den

Abtransport von rund 100.000 Giftgasgranaten aus der Bundesrepublik begonnen. Etwa 35 Fahrzeuge, darunter 20 schwere Zugmaschinen mit Anhängern, rollten vom US-Depot im pfälzischen Clausen bei Pirmasens zum US-Militärstützpunkt in Kaiserslautern. Nach Auskunft des zuständigen Hauptquartiers in Pirmasens handelte es sich lediglich um eine „interne militärische Übung“. Sie sollte vor allem der Fahrerschulung für den Transport der Chemie-Waffen und der reibungslosen Befehlsgebung dienen.