Nicht Fisch nicht Fleisch

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(Stern-TV, mittwochs, 22 Uhr, RTL plus) Die Redaktionsmannschaft von Stern-TV hat sich viel vorgenommen. „Anders als die anderen“ will das neue Nachrichtenmagazin des Gruhner+Jahr-Verlags sein, das am Mittwoch abend bei RTL plus Premiere hatte. Mit subjektiven Reportagen, einer geschickten Mixtur aus Politik und Unterhaltung und Publikumsliebling Günther Jauch als Moderator sollen auch solche Zuschauer gewonnen werden, die bei harten Polit-Magazinen wie Monitor, Report oder Kontraste umschalten würden. Mit ihrer ersten Sendung lösten sie diesen Anspruch jedoch nicht ein.

DDR-Vergangenheitsbewältigung im Stile einer alten Wochenschau, nichts neues bei der alltäglichen DDR -Nachrichtenflut. Eine Enthüllungsreportage über Schönhubers Republikaner. Ein Undercover-Journalist hatte sich in die Reihen der Reps geschmuggelt, um deren wahre Gesinnung aufzudecken. Doch daß in den Hinterzimmern rassistische und rechtextreme Reden geschwungen werden, wußten wir schon vorher. Und an dem Punkt, wo es spannend zu werden begann, nämlich bei der Frage, was planen die Reps für die Zukunft, stieg der Enthüller aus. Auch Desiree Bethge hat in ihrem Bonner Tagebuch nur die Oberfläche der großen Politik gestreift. Hält ein Bundestagsabgeordneter ein blaues Kärtchen hoch, so heißt das „ja“, ein rotes bedeutet „nein“. Da muß es doch aufregendere Entdeckungen geben. Als Studiogast war diesmal Heiner Geißler geladen. Ein telegener Interviewpartner für Günter Jauch. Doch auch hier verhindert die Häppchentechnik - zwei kurze Fragen und dann erstmal ein neuer Filmbeitrag - eher das Aufkommen von Spannung. Ein schöner Einfall, nämlich den prominenten Studiogast mit Alltagsgeschichten wie Kartoffelschälen oder Dosenöffnen zu belästigen, sorgt zwar für manch ungewöhnliches Politikerzitat, im Falle Geißler hatte es allerdings den unschönen Nebeneffekt der kostenlosen Buchwerbung. Das beste kam am Schluß: Tutti Frutti im Schnelldurchlauf, Micky -Mouse-Stimmen, maschinelles Popo- und Brüstewackeln, die Idee hatten pfiffige Sportredakteure schon früher. Aber hier bekommt das Spiel mit der RTL-Skandalshow einen deutlichen Abgrenzungscharakter. Stern-TV verteilt Hiebe an RTL -Chef Thoma, der sich doch so gern mit „seinem“ neuen Nachrichtenmagazin profilieren möchte. So muß eine Newsshow sein, mit Biß. Fürs nächste Mal ein bißchen mehr.

utho