Katalanischer Trost im Pokal

■ Der FC Barcelona und Johan Cruyff gewinnen das Finale gegen den designierten Meister Real Madrid 2:0

Valencia (taz) - Jeweils Zwanzigtausend sind am Donnerstag abend aus Madrid und Barcelona in das neu errichtete Stadion „Luis Casanova“ nach Valencia gekommen. Das billigste Ticket für umgerechnet einhundert Mark bringt auf dem Schwarzmarkt noch tausendprozentige Rendite. Bis in die konservative Presse wird nicht an Superlativen für den „Kampf der Titanen“ ('El Pais‘) gespart. Radio- und TV-Kanäle bieten bis nach Südamerika die gleiche Kost: „El copa del Rey“ das königliche Pokalfinale.

Trotz Investionen in Höhe von 60 Millionen Mark in den letzten drei Jahren ist es dem FC Barcelona auch in dieser Saison mißlungen, den Abonnements-Champion Real Madrid den Titel streitig zu machen; der steuert mit neun Punkten Vorsprung seiner fünften Meisterschaft in Folge entgegen. „El Flaco“, der Dürre, wie Barcas Trainer und Manager in Personalunion Johan Cruyff hier spöttisch tituliert wird, ist von Fans, Verein und Presse zum Sieg verdammt. Der Holländer mit drei Millionen Mark Jahres-Nettosalär hat durch wüste Beschimpfungen gegen seine Spieler und despotisches Gehabe in seinen täglichen Presserunden das Klima vergiftet.

Nachdem das Königspärchen Juan Carlos I. und Sofia das „Ave“ zum Kampfbeginn mit dem Absingen der Nationalhymne gegeben haben, gehen 22 ehemalige oder aktuelle Nationalspieler auf Balljagd. Zu Beginn überzeugt das abgeklärte Spiel der Hauptstädter, die ihre Ballstaffetten über Schuster und Butraqueno gekonnt vortragen. Für „Don Bernado“, der seit einem Jahrzehnt in Spanien kickt, ist es schon sein siebtes Finale. Doch die katalanische Abwehr um den überragenden Ronald Koeman wirkt ungewohnt sicher. Die Madrider Spitzen Martin Vazquez und Hugo Sanchez werden von der geschickt rochierenden Verteidigung immer wieder an der Strafraumgrenze abgefangen.

Als sich der unsichere Referee mittels überflüssiger gelber Karten um seine telegene Berühmtheit bemüht, eskaliert das Spiel. So muß Aloisio, Barcelonas brasilianischer Abwehrhüne, nach Knöchelbruch durch eine Metall-Stollen -Attacke von Sanchez im OP-Saal des Stadions aufgebahrt werden. Wenig später rächt Amor den Verletzten mit einem an asiatische Kampftechniken erinnernden Sprung gegen Vazquez. Diesmal bricht nur der Schienbeinschoner. Später wird dann Madrids Vorstopper Hierro nach einer Hau-Spuck-Tritt-Einlage stellvertretend mit roter Pappe bedacht.

Die zweite Spielhälfte startet mit zehnminütiger Verspätung, da eine Ordner-Hundertschaft zuvor kistenweise Orangen, Flaschen und Dosen, die in der Fanschlacht Blau-Rot gegen Weiß ihr Ziel verfehlt haben, aufsammeln muß. Dafür gewinnt die Partei jetzt an Klasse. Madrid, durch den Platzverweis sichtlich irritiert, wird von dem schnörkellosen 4-4-2-Spiel in die Defensive gedrängt. Immer wieder kann das barcelonesische Skinhead-Idol, der 1,94 Meter messende 16 Millionen-Import Koeman, seine Steilpässe zentimentergenau plazieren.

Nur Paco Buyo, dem Reflex-Artisten zwischen den Pfosten der Madrilenos, ist es zu verdanken, daß es 68 Minuten dauerte, ehe das Leder durch Amor zum 1:0 für den FCB in den Netzmaschen hängt. Madrids Trainer Toshack nimmt Butragueno zugunsten eines vierten Stürmers von der Spielwiese. Doch diese Maßnahme erweist sich als fatal. Barcelona hat jetzt Serienchancen zu einer „Goleada“, einem Schützenfest.

Erst in der dritten Minute der Nachspielzeit kann Mittelstürmer Juli Salinas den fünfzehnten Konter mittels eines Flachschusses aus halbrechte Position abschließen: der 22. Pokalererfolg für den weltgrößten Fußballclub, dazu bengalische Feuer und farbiger Rauch in dem mit 62.000 Menschen prall gefüllten valencianischen Kessel.

Der wahre Gewinner der Begegnung aber ist Johan Cruyff, der nun nicht nur weiter Trainer Barcas bleiben darf, sondern aller Voraussicht dank des Pokalerfolgs auch als Coach des Oranjeteams zur WM nach Italien reisen wird.

Nikolas Marten