Gleich richtig mischen!

■ Zu Oskar Lafontaines Vorschlag polnisch-deutscher Brigaden

Manchmal befördert ein Wohnsitz an der Peripherie das Erkenntnisvermögen. Der Besuch des Saarbrückers Lafontaine in Warschau bietet dafür ein eindrucksvolles Beispiel. Der Vorschlag, eine gemischte polnisch-deutsche Brigade aufzustellen, ist ganz nach dem Geschmack der saarländischen Grenzbewohner, die - nach einigen nationalistischen Exzessen - in der Frage von Grenzen und Grenzschutz einen gesunden Pragmatismus entwickelt haben. Wer von Saarbrücken rasch nach Forbach fährt, um sich dort mit Zigaretten und Cognac einzudecken, hat nichts gegen entsprechende Zustände an Oder und Neiße.

Das Problem einer gemeinsamen polnisch-deutschen Brigade, die auf dem Boden der Noch-DDR in Grenznähe stationiert werden könnte, besteht aber leider darin, daß alle gesellschaftlichen Voraussetzungen zu ihrer Errichtung fehlen. Solange die Visa-Erteilung für Polen an Devisennachweise gebunden ist, solange Polen in der BRD und West-Berlin zwar als Billigarbeiter und Konsumenten geduldet, ansonsten aber Opfer des täglichen Rassismus sind, solange insbesondere die polnischen Gastarbeiter von Frankfurt bis Görlitz als ungebetene Fremde behandelt werden, ist es ganz sinnlos, militärische Einheiten zu mischen. Lafontaine muß sich natürlich auch fragen lassen, wie sein auf Völkerverständigung zielendes Militärprojekt sich mit seinem von Ausgrenzung und Wohlstandschauvinismus durchtränkten Wahlkampfparolen vereinbaren läßt.

Die Idee der gemischten Brigaden ist dennoch zukunftsweisend. Mient-Jan Faber, in Ehren ergrauter holländischer Friedensaktivist, hat schon vor geraumer Zeit vorgeschlagen, holländische Einheiten, in welchem Mix auch immer, an verschiedenen europäischen Ecken und Grenzen zu stationieren. Vertrauensbildende Maßnahmen können von denen am besten kontrolliert werden, die den Abschied vom Großmachtswahn schon auf halbwegs zivilisierte Weise hinter sich gebracht haben. Den Holländern und Skandiniaviern beispielsweise. Vorpommern war mal schwedisch, und die Holländer haben in der ganzen Gegend kolonisatorische Arbeit geleistet - sie würden also auf historisch vertrautem Boden stationiert. Den alten Kampfruf aber, „Rückzug aller Truppen von fremden Territorien“, könnte man für diese Weltregion endlich begraben.

Christian Semler