Geheimdienst Schin Beth foltert systematisch

■ Israelische Agenten mißhandeln immer häufiger und brutaler Palästinenser / Als Reaktion gründen Intellektuelle das „öffentliche Komitee gegen die Folter in Israel“ / Armeesprecher weisen Vorwürfe als „plumpe Lügen“ zurück und bestreiten die Existenz von Kältezellen

Gaza (afp) - Agenten des israelischen Geheimdienstes Schin Beth greifen gegenüber palästinensischen Gefangenen immer häufiger auf Foltermethoden zurück, um Geständnisse zu erpressen. Zahlreiche Häftlinge des Zentralgefängnisses von Gaza im israelisch besetzten Westjordanland berichteten, sie seien systematisch gefoltert worden. Acht Menschen sollen nach Angaben einer palästinensischen Hilfsorganisation seit dem Beginn der Intifada, des Palästinenseraufstandes gegen die israelische Besatzung, bei Verhören getötet worden sein. Die Berichte über Folterungen wurden gegenüber 'afp‘ von ehemaligen Gefangenen, Sprechern von Menschenrechtsorganisationen und israelischen Rechtsanwälten bestätigt. Besonders verbreitet ist nach diesen Angaben die sogenannte „Bananenfolter“, bei der den Häftlingen Hände und Füße auf dem Rücken zusammengebunden werden. Viele Betroffene berichteten auch über eine Kältezelle, in der sie, gefesselt und nur mit einem Schlafanzug bekleidet, bei absoluter Dunkelheit über lange Zeit Temperaturen um den Gefrierpunkt aushalten mußten. Ein Palästinenser, der im Dezember letzten Jahres gefangengenommen wurde, berichtete seinem Anwalt: „Zuerst haben sie die Bananenfolter angewandt und mich durchgeprügelt. Währenddessen klemmten sie mir einen Stuhl zwischen die Beine, einer drehte mir die Geschlechtsteile ab. Um mich wieder zu Bewußtsein zu bringen, sprangen sie mir mit beiden Beinen auf die Knöchel.“

Mehrere Gefangene sagten, sie seien von Ärzten wiederbelebt worden, nachdem sie während der Folter das Bewußtsein verloren hätten. Der israelische Psychiater Stein ließ „keine Zweifel“ daran, daß sich Ärzte an den Folterungen beteiligen. „Für Vertreter unseres Berufs sind das kriminelle Handlungen“, sagte Stein. Eine Ärztin im Krankenhaus von Gaza berichtete, daß sich die Fälle von geistiger Umnachtung als Folge von Folterungen häufen.

Als Reaktion auf die verstärkten Folterungen durch Schin Beth hat eine Gruppe israelischer Intellektueller vor kurzem ein „Öffentliches Komitee gegen die Folter in Israel“ gegründet. Alle juristischen Aktionen blieben bisher erfolglos. Die israelische Anwältin Tamar Peleg hat wegen sieben Fällen von Folterungen bei ihren palästinensischen Klienten Untersuchungen bei der zuständigen Staatsanwaltschaft beantragt. „Bis jetzt habe ich keine Antwort bekommen“, stellte die Juristin fest. Eine ihrer Kolleginnen berichtete, bisher seien praktisch alle entsprechenden Klagen von den Justizbehörden ignoriert worden. Ein Sprecher der Armee wies alle Foltervorwürfe als „plumpe Lügen“ zurück. Er bestritt auch, daß es Kältezellen gibt.

Jean-Luc Porte