Oskar Lafontaine für Grenzvertrag

Der SPD-Kanzlerkandidat in Warschau: Weitgehende Einigkeit zwischen SPD-Delegation und polnischer Regierung / Debatte über deutsch-polnische Brigade / Gegen große Koalition  ■  Aus Warschau Klaus Bachmann

Er wolle seinen Besuch in Polen als Geste verstanden wissen, als Zeichen, daß die SPD ihre Ostpolitik in der Tradition Willy Brandts ausbauen möchte. Dies erklärte der Kanzlerkandidat der SPD und saarländische Ministerpräsident Oskar Lafontaine in Warschau.

Lafontaine stellte Übereinstimmung mit seinen polnischen Gesprächspartnern fest. Auch die SPD sei für einen Grenzvertrag mit Polen, der nach der Wiedervereinigung dann formell verabschiedet, zuvor aber paraphiert werden solle. Sie werde zusammen mit der SPD der DDR in Kürze entsprechende Entschließungsanträge im Parlament einbringen. Interesse fand Lafontaine nach eigener Aussage bei seinen Gesprächspartnern auch für seinen Vorschlag, eine deutsch -polnische Brigade nach dem Vorbild der bereits bestehenden deutsch-französischen Einheit zu bilden.

„Es geht darum, auch die Sicherheitsinteressen der osteuropäischen Staaten und der Sowjetunion zu berücksichtigen, nicht nur um eine Diskussion über den militärischen Status der DDR. Wir müssen auch über den militärischen Status Polens, der Tschechoslowakei, der UdSSR sprechen.“ In diesem Sinne versteht Lafontaine auch den jüngsten Vorschlag von Präsident Jaruzelski, der angeregt hatte, nach dem Vorbild der Alliierten in der Bundesrepublik polnische Truppen in der DDR zu stationieren. In Polen ist Lafontaines Brigade bisher kaum diskutiert worden, eine polnische Tageszeitung fand ihn „schockierend“, im Gegensatz zu Außenminister Skubiszewski, der, so Lafontaine, einen ähnlichen Vorschlag gemacht habe. Keine völlige Übereinstimmung gab es anscheinend in der Frage der Beteiligung Polens an den Viermächteverhandlungen mit der Bundesrepublik und der DDR. Polen verlangt hier, auch über die Grenzfrage hinaus bei allen Sicherheitsfragen beteiligt zu werden. Lafontaine: „Wir verstehen das so, daß Polen an allen Fragen beteiligt wird, die Polen selbst betreffen.“