ANC und RSA-Regierung verhandeln

Treffen zwischen Mandela und de Klerk „produktiv“ / Im Homeland Venda hat ein ANC-naher Oberst geputscht  ■  Aus Johannesburg Hans Brandt

Die südafrikanische Regierung und der Afrikanische Nationalkongreß (ANC) werden wahrscheinlich noch vor Ende April zu ersten offiziellen Gesprächen zusammentreffen. Darauf einigten sich Präsident Frederick de Klerk und der ANC-Vizepräsident Nelson Mandela am Donnerstag abend nach dreistündigen Gesprächen in Kapstadt. De Klerk erwägt nach eigenen Worten die Möglichkeit, eine Kommission einzurichten, um die Erschießung von Demonstranten durch die Polizei letzte Woche in Sebokeng südlich von Johannesburg zu untersuchen. Die Übergriffe der Polizei waren vom ANC als Begründung für die Absage von ersten, für nächste Woche geplanten Gesprächen mit der Regierung angegeben worden.

ANC und Regierung richteten außerdem ein gemeinsames Komitee ein, das in Zukunft gegenseitige Kontakte koordinieren soll. Seine erste Aufgabe wird darin bestehen, das anstehende Treffen vorzubereiten. Datum und Ort sollen in Kürze gleichzeitig von der südafrikanischen Regierung und der ANC-Exekutive in der sambischen Hauptstadt Lusaka angekündigt werden. Es wird spekuliert, daß der 25.April als Datum für das Treffen angesetzt wurde.

„Die freundliche und produktive Art der heutigen Gespräche unterstützt die Auffassung, daß es richtig war, sich mit der Regierung an einen Tisch zu setzen“, sagte Mandela nach dem Treffen mit de Klerk. Im Zentrum der Gespräche stand die Kritik des ANC, daß die südafrikanische Polizei durch zügellose Brutalität wie in Sebokeng eine friedliche LÖsung der Probleme des Landes verhindere. Mandela wiederholte seine Kritik an dem Minister für Recht und Ordnung, Adriaan Vlok, der an dem Gespräch teilnahm. „Ich glaube, daß die Regierung sich jetzt um diese Problem kümmern wird,“ sagte Mandela.

De Klerk, der von einer „offenen Diskussion“ mit Mandela sprach, betonte seinerseits, daß die Sicherheitskräfte „Leben und Eigentum schützen“ müssen. „Die Sicherheitskräfte bestehen nicht, um die Interessen irgendeiner politischen Partei zu vertreten“, sagte er. Er habe den Eindruck gewonnen, daß ein Ende der Gewalt von beiden verhandlungspartnern als notwendige Voraussetzung dafür betrachtet wird, sich in Zukunft an einen Tisch zu setzen.

Nach dem Treffen mit Mandela sind die Aussichten gut, daß der Verhandlungsprozeß in Südafrika endlich ins Rollen kommt. Die Regierung mußte am Donnerstag allerdings schon einen Rückschlag hinnehmen. In Venda, einem sogenannten „unabhängigen“ Reservat für Schwarze im Norden Südafrikas, wurde die Verwaltung in einem Militärputsch gestürzt. Der neue Führer des Gebietes, der 48jährige Oberst Gilbert Ramushwana gilt als Sympathisant des ANC. Er unterstützt den Wiederanschluß Vendas an Südafrika.

Auch im Reservat Ciskei hatte vor einem Monat das Militär eine korrupte, der südafrikanischen Regierung hörige Verwaltungdurch einen Putsch beseitigt.

Zu Gesprächen zwischen de Klerk und den Führern von sechs anderen Homeland-Reservaten tauchten am Donnerstag nur zwei Homeland-Vertreter auf. Vier andere wollten nicht mehr an den Gesprächen teilnehmen, nachdem auch der ANC sein für nächste Woche geplantes Treffen mit der Regierung abgesagt hatte. „Es ist deutlich, daß der ANC da seine Hand im Spiel hatte“, sagte de Klerk am Donnerstag. „Da wurde Druck ausgeübt.“ Die Homeland-Führer dementierten jedoch, sich auf Druck des ANC zurückgezogen zu haben.

Der Rückzug der Homeland-Führer trifft die Regierung schwer. De Klerk hatte bisher gehofft, daß diese Leute als „gemäßigte Schwarze“ auf Seiten der Regierung an Gesprächen mit dem ANC und anderen Organisationen über die Zukunft Südafrikas teilnehmen würden. Nur der Zulu-Führer Mangosuthu Buthelezi und der Leiter des Mini-Reservates Qwa-Qwa, T.K. Mopeli, waren bereit, ohne Beteiligung des ANC mit der Regierung zu verhandeln.