Friedliche Hausbesetzung in OHZ

Schlüsselübergabe am Samstag / Räumung dennoch schon heute befürchtet hier bitte das Foto mit dem Transparent  ■ 

Foto: Wolfram Steinberg

Eine richtige Idylle? Im Garten des besetzten Hauses in der Osterholz-Scharmbecker Bahnhofstraße 39 findet gerade ein Picknick statt, alle sind gutgelaunt und entspannt und warten eigentlich nur auf die Diskussions-Veranstaltung über städtische Wohnungsnot, zu der sich neben anderen die Bürgermeisterin Brigitte Escherhausen und Stadtdirektor Mackenberg angesagt haben.

Die Besetzer, Schüler, arbeitslose Jugendliche und andere Wohnungssuchende hatten sich schon am Freitag Zutritt zu dem zweistöckigen Geschäftshaus verschafft. Am Samstag dann erste Verhandlungen mit Vertretern der Kreissparkasse, der jetzigen Hauseigentümerin, sowie dem Leiter der örtlichen Schutzpolizei, Frankenfeld. Ergebnis: Die Besetzer entfernen das aufgehängte Transparent - „Kreissparkasse und SPD vernichten Wohnraum in OHZ“ (siehe unser Foto) - und bekommen dafür den Haustürschlüssel. Den umständlichen Weg durch den Keller müssen die BesetzerInnen nun nicht mehr wählen.

Fünf größere Häuser stehen auf dem ehemaligen „Meyerhoff„ -Gelände. Die Kreissparkasse will hier neu bauen, ein entsprechender Architektenwettbewerb ist für Mitte des Jahres geplant. Nach Fertigstellung der neuen Kreissparkasse will die Stadt deren bisheriges Gebäude übernehmen. Zusammen mit dem benachbarten Polizeihaus, dem Finanzamt und dem „Comet„-Supermarkt ergäbe sich dann ein kleines Geschäftsviertel, in dem ein selbstverwaltetes Kulturzentrum nicht nur zentral, sondern auch ohne Lärmbelästigung von AnwohnerInnen gut aufgehoben wäre. Kulturzentrum war das besetzte Haus schließlich schon einmal: von 1982 bis 1984. Seitdem steht es leer.

Stadtdirektor Erhard Mackenberg nimmt die neuerliche Besetzung gelassen auf. Er mokiert sich gegenüber der taz zwar über die Ratspolitik, die in „Nibelungentreue“ zu früheren Wahlversprechen die Zahl der von der Kommune zu stellenden Wohnungen für Bedienstete der US-Armee auf 1.028 begrenzte, so daß diese „je nach Dollarkurs zusätzlich auf den privaten Wohnungsmarkt drängen“, eine grundsätzliche Schwierigkeit, den BesetzerInnen alternativen Wohnraum zu vermitteln, sieht er aber nicht. Die Stadt plane allein für dieses Jahr 100 neue Wohneinheiten und habe via Belegungsrecht auch ausreichende Mittel, „sozial Schwächeren“ zu billigem Wohnraum zu verhelfen.

Die Diskussionsveranstaltung am Sonntag nachmittag ist weniger idyllisch. Die Vertreter von Behörden und Kreissparkasse zeigen kein Entgegenkommen. Schutzpolizeileiter Frankenfeld droht mit strafrechtlicher Verfolgung für den Fall, daß die Besetzung aufrechterhalten wird. Die Besetzer gehen jetzt davon aus, daß eine Räumung des neuen „Kulturzentrums“ schon heute stattfinden kann.

poe