Beckmeyer rettet Klöckner und Daimler

■ Interne Senats-Bilanz der Wirtschaftsförderung: Wirtschaftssenator schlägt sich 45.000 mal selbst auf die Schulter

Fünf Jahre lang hat der Senat versucht, das wirtschaftliche Krisengebiet Bremen wieder zu einem Eldorado von Existenzgründern und Großkonzernen zu machen, rund eine Milliarde Steuer-Mark ist inzwischen mit Hilfe zweier „Wirtschaftspolitischer Aktionsprogramme“ (kurz WAP I und WAP II) unter die Unternehmer-Leute gebracht worden, 455 Bremer Mittelstands-Unternehmen wurden von Wirtschaftsförderern seit 1985 beraten, 300 Anträge auf Investitionshilfen positiv beschieden. In einer bislang inter

nen 45-Seiten-Bilanz hat Wirtschaftssenator Uwe Beckmeyer jetzt erstmals Rechenschaft abgelegt, was er mit dem Geld eigentlich gemacht hat. Beckmeyers Antwort: 45.000 Arbeitsplätze. In allen Branchen und Industriezweigen vom alteingesessenen Kaffee-Röster bis zur neu eröffneten Bremen -Repräsentanz in Djakarta sind 12.900 neue Arbeitsplätze geschaffen, 22.300 bedrohte erhalten und weitere 10.600 weitere durch „multiplikative Effekte“ entstanden.

Zum Beispiel: Daß es die

Klöckner-Hütte mit ihren 6.000 Arbeitsplätzen in Bremen überhaupt noch gibt, ist laut Beckmeyers Rechenschaftsbericht vor allem einem zu verdanken: ihm. Denn, so seine Bilanz, „ohne öffentliche Hilfe“ hätte die Hütte „mit Sicherheit die strukturelle Krise auf den Weltmärkten nicht unbeschadet überstanden.“

Beispiel 2: Auch daß Daimler Benz seit 1985 4.000 neue Mitarbeiter eingestellt hat, geht laut Wirtschaftssenator auf das WAP-Erfolgskonto. Und daß in Bremen Nord inzwischen das Kulturzen

trum „Gala“ eröffnet, ist .... Richtig. Noch'n Beckmeyer -Erfolg.

Insgesamt ist das WAP in sechs unterschiedliche Förder -Töpfe gegliedert. Mit Topf 1, dem sogenannten „Strukturfonds“, (Mittel 1990: 22,9 Mio) will der Senat den tradtionellen Krisen-Branchen Schiffbau und Stahl die Umstellung auf zukunftsträchtige Produkte erleichtern, aber auch Flugzeug- und Autobauer in Bremen halten. Topf 2, der sogenannte Technologiefonds (Mittel 1990: 43,9 Mio) soll jung-dynamischen High-Tech-Unternehmen die Zusammenarbeit mit der Bremer Universität versüßen. Aus Topf 3, der „Mittelstandsfonds“ (Mittel 90: 53,6 Mio) kann vor allem mit Gewerbeflächen dienen. Rund 100 Hektar Bremen sind in den vergangenen Jahren auf diese Weise kostengünstig prrivatisiert worden. Tendenz steigend. Ein Extra-Standort -Fonds (1990: 25,5 Mio) soll Bremen endlich zur „Oberzentrale“ des gesamten Umlands aufmöbeln. Die als tauglich befundenen und deshalb subventionierten Mittel reichen z.B. von der japanischen Schule in Oberneuland bis zum geplante Kongreßzentrum an der Stadthalle und der Umgestaltung der Innenstadt. Bleiben im Topf 6 17,8 Millionen für Umwelt-Projekte. Aus dem sogenannten „Ökologiefonds“ wurde z.B. der neue Block 15 im Krafwerk Hafen mitbezahlt. Die „Chancen, auch die Wasserkraft systematisch für Bremen zu nutzen“ würden augenblicklich untersucht, beschreibt Beckmeyer unter dieser Rubrik die inzwischen Jahre dauernde Hängepartie um das Weserkraftwerk.

Besonders stolz ist Beckmeyer, daß jeder der 45.000 erhaltenen und neugeschaffenen Bremer Arbeitsplätze den Steuerzahler lediglich 18.000 Mark gekostet habe. Für den Wirtschaftssenator steht damit fest: „Die WAP-Maß

nahmen sind sowohl unter arbeitsmarkt- und strukturpolitischen als auch unter finanzpolitischen Aspekten hocheffektiv“. Insgesamt habe Bremen dank WAP wieder den Anschluß an die positiven Trends im Bundesgebiet geschafft, die „negative Beschäftigungsentwicklung“ - von 1980 bis 84 wurden in Bremen 23.000 Arbeitsplätze vernichtet - habe sich umgekehrt: Ohne WAP, rechnte Beckmeyer vor, läge die Bremer Arbeitslosenquote heute bei 25 Prozent. Seit 1986 gebe es außerdem erstmals wieder Wirtschaftswachstum auch in Bremen.

Allerdings räumt Beckmeyer auch eine unberechenbare Quote „sog. Mitnahmeffekte“ ein, d.h. Investitionen, für die die öffentliche Zulagen kassiert worden sind, obwohl sie von den Unternehmen sowieso fest eingeplant waren. Und auch ein paar kleine Schönheitsfehler stehen in der Beckmeyer-Bilanz: Drei von insgesamt 21 Firmen, denen Bremen durch direkte Beteiligung unter die Arme gegriffen hat, sind inzwischen pleite.

Einen Satz strich der Senat dem Kollegen Beckmeyer inzwischen aus der Bilanz. In seiner ursprünglichen Fassung hatte Beckmeyer wörtlich eingeräumt: „Die Arbeitslosenquote hat sich im Lande Bremen noch nicht stabilisiert.“ Daß die Stabilisierung von 15 Prozent Arbeitslosigkeit Ziel der Senatspolitik sein könne, ging den übrigen Kabinettsmitgliedern denn wohl doch zu weit.

Und noch etwas verrät der Bericht an keiner Stelle: Welche Arbeitsplätze im einzelnen wo mit welchem finanziellen Aufwand subventioniert worden sind und wie sinnvoll ihre Erzeugnisse und Dienstleistungen sind, steht nirgendwo. Fest steht für Beckmeyer nur: Seine Politik war so erfolgreich, daß sie mindestens bis zum Jahr 2.000 fortgeschrieben werden muß.

K.S.