O mei, die Jungen

■ Das Eishockey-Vorbereitungsspiel gegen Kanada geht mit 4:8 verloren und zeigt: Bei der WM wird's schwer

Mannschaftssport ist für Nordamerikaner in erster Linie die Gelegenheit, mit dem Einsatz von Statistik und High-Tech zu arbeiten. In der Berliner Eissporthalle, unter 3.600 Zuschauern - saßen am Freitag abend ganz oben auf den Reporterplätzen zwei gutgekleidete Herrn, Knopf im Ohr, Funkverbindung zur Bank, Listen und Eisflächenzeichnungen vor sich. „Left side under controll“ steht da zwischen Namen und Pfeilen und Zeichen. Und am Ende 4:8 - gewonnen - auch jede Menge Material, mit dem die Computer gefüttert werden können.

Da kann der kleine Mann mit dem Pepitahütchen nicht mithalten. Der steht mit seinem hünenhaften Assistenten Erich Kühnhackl unten an der Bande zwischen seinen schwitzenden Spielern, aber das hat er auch ohne Spione und Walkie-Talkie feststellen können: „Im defensiven Bereich müssen wir uns verbessern.“ Bloß wie? „Training.“ Eine Woche hat er noch, dann beginnt für Xaver Unsinn und Mannen der Kampf um den Abstieg. An mehr zu denken wagt in diesem Jahr keiner.

Weil Leute wie Freisen, Fischer, Ahne, Franz und Höfner fehlen, weil fast die Hälfte der bundesdeutschen Eishockeyspieler WM-Neulinge sind. Eigentlich wollte Unsinn ja mit einer „guten Mischung“ an den Start, jetzt hat er einen Stall von Jungen: „Es sieht schlecht aus.“ Auch, „weil in der Bundesliga zuviele Ausländer auf Schlüsselpositionen stehen“ (Unsinn) und jetzt die Alternativen fehlen (siehe Artikel „Seniorenliga“). Kein Wunder für den Trainer, daß derlei Bubis „zuviel Respekt zeigen“.

Die Niederlage gegen Kanada muß deshalb niemand kratzen, weil so ein Gegner, angetreten mit kompletten Reihen aus Pittsburg und Philadephia und deswegen „homogen wie selten“ (Unsinn), nicht das Maß sein kann. Im Gegensatz zu früher, als Kanadier und US-Amerikaner mit trinkfesten Amateuren anreisten und diese mit einigen schlagkräftigen Profis spickten, sind vorbei. Was derzeit im Ahorntrikot steckt, ist von besserem Kaliber und den deutschen schon kufentechnisch weit überlegen. „Wir müssen uns“, sagt Unsinn, „ganz auf Norwegen konzentrieren.“ Die sind aufgestiegen aus der B-Gruppe und werden stärker als die Polen vom vergangenen Jahr eingeschätzt. O mei!

Doch von Dave King (Markenzeichen: Kaugummi), Kanadas Coach, kommt Trost für den gebeutelten Xaver: Klar, daß ihr jetzt Schierigkeiten habt, aber keine Bange, die Jungen sind euer Scheck für die Zukunft. Könnte nur sein, daß Herr Unsinn diesen im kommenden Jahr in der B-Gruppe einlösen muß.

-thöm