„Eine andere Partei ist nicht angesagt“

Rainer Trampert, einst jahrelang Sprecher des Bundesvorstandes der Grünen, verläßt die Partei  ■ I N T E R V I E W

taz: Weshalb seid ihr so lange in den Grünen geblieben?

Rainer Trampert (lacht): Wir haben in Diskussionen innerhalb der Grünen versucht, einen größeren kollektiven Austritt hinzukriegen. Deshalb haben Ebermann und ich als Individuen gewartet. Wir wollten ursprünglich einen großen Austritt organisieren und daraus die „radikale Linke“ aufbauen. Das ist nicht gelungen, weil unterschiedliche taktische Überlegungen bei linken Grünen dawaren. Die schleswig -holsteinischen Ökosozialisten zum Beispiel wollen noch weitere linke Anläufe in der Partei machen. Und auch die Radikalökologen um Jutta Ditfurth und Manfred Zieran meinen, für die sei die Zeit noch nicht gekommen. Die taktische Differenz zwischen denen und uns ist, ob man seine ganze Kraft darauf verwendet, eine neue Linke aufzubauen oder weiter in den Grünen um Mehrheiten kämpft.

Deutet euer kleiner kollektiver Austritt auf die Gründung einer neuen Partei hin?

Weder eine Wahlpartei noch irgendeine andere Partei ist angesagt. Wir können uns den Umgruppierungsprozeß der Linken, die die Anpassung und die Sozialdemokratisierung nicht mitmachen, vorerst nur als loses Bündnis vorstellen. Vieles wird dabei von der Negation leben. Auf dem Pfingstkongreß der „radikalen Linken“ und besonders auf der hoffentlich größeren Demonstration am 12. Mai in Frankfurt gegen Großdeutschland und Kolonisierung des Ostens werden wir sehen, wie wir als Linke dastehen.

Gibt es gerade in der deutschen Frage nicht Anknüpfungspunkte zum „Linken Forum“ in den Grünen, zu den Positionen, die von Jürgen Reents und Michael Stamm formuliert werden?

Wenn sie beibehalten werden, ja, wenn sie sich zu sehr auf PDS hin entwickeln, nein. Ein Schritt von den Grünen zur PDS wäre einer vom Regen in die Traufe, weil wir die Sozialdemokratisierung, die wir bei den Grünen kritisieren, bei der PDS noch stärker wiederfinden: Schwüre auf die Marktwirtschaft und auf das einig Vaterland. Das Linke Forum wird mit großen Anpassungen weiter auf die Grünen setzen. Der Hamburger GAL-Beschluß zur deutschen Zweistaatlichkeit dürfte Episode bleiben.

Bis du nach zehn Jahren in den Grünen resigniert?

Nein. Resigniert wäre ich, wenn ich weiter in den Grünen bliebe und die Anpassung über mich ergehen ließe. Das Bleiben in den Grünen wäre für mich resignativer als der Versuch, das Minderheitenpotential in der Bundesrepublik zu sammeln, daß gegen die großdeutsche Euphorie und den aufkommenden Weltkapitalismus angeht.

Interview: Jürgen Oetting