Kriminalisierung von Roma

■ Nach der Kölner Razzia müssen die Fahnder zurückstecken / Hintermänner-These „völliger Blödsinn“

Essen (taz) - Während Polizei und Staatsanwälte Verhaftete vernommen und damit begonnen haben, beschlagnahmte Wertgegenstände zu sortieren, diskutiert die Öffentlichkeit in Köln über die Folgen der größten Nachkriegsrazzia in der Stadt am vergangenen Donnerstag. Für Thomas Bischof vom Kölner Roma-Verein werden fremde Familienstrukturen mit einer kriminellen Vereinigung gleichgesetzt. Offensichtlich würden die Fahnder die bei Roma üblichen Brautpreise mit Kinderverkäufen verwechseln. Die „Hintermänner-Theorie“, nach der Kinderbanden systematisch zum Klauen gezwungen worden wären, „sei völliger Blödsinn“. Unter dem beschlagnahmten Schmuck befände sich Schmuck der Roma, der für sie eine Wertanlage sei.

15 der 34 am Donnerstag Verhafteten wurden inzwischen wieder freigelassen. Bei acht bzw. 15 Kindern (die Zahl ist nicht geklärt), die dem Jugendamt übergeben worden waren, konnte nicht nachgewiesen werden, daß sie gewaltsam zu Einbrüchen gezwungen wurden. Die staatsanwaltschaftlichen Beweise für den Kinderhandel beziehen sich möglicherweise auch nicht auf Kölner Roma, sondern auf „allgemeine Vorgänge“, wie ein Kriminaloberrat einräumte.

Unterdessen machte der stellvertretende Vorsitzende der CDU -Landtagsfraktion Pohl deutlich, wie seine Partei die Razzia auszuschlachten gedenkt. Er stellte eine Anfrage, in der er klare Antworten zur „organisierten Kriminalität in Roma -Lagern“ und eine Stellungnahme zu deren Bleiberecht verlangt: „Es muß Schluß sein mit dem Schattenboxen, daß die Landesregierung seit Jahren betreibt. Kriminelle darf man nicht länger mit pseudosozialen Mäntelchen überdecken.“

bm