Grüne: Leiser Abgang statt Spaltung

Die linken Gallionsfiguren Ebermann und Trampert verlassen die Grünen, um das Potential gegen den Weltkapitalismus zu sammeln  ■  Aus Hamburg Jürgen Oetting

Nicht mehr, aber auch nicht weniger als eine Sammlungsbewegung gegen den „aufkommenden Weltkapitalismus“ wollen die beiden bekanntesten bundesdeutschen Ökosozialisten, Thomas Ebermann und Rainer Trampert in Zukunft auf die Beine stellen. Zusammen mit den beiden Vorzeigefiguren des linken Flügels der Grünen haben am Wochenende auch ein weiterer ehemaliger Bundesvorstandsprecher der Partei, Christian Schmidt, sowie die ehemalige Bundestagsabgeordnete Regula Bott gemeinsam mit vierzig weiteren ÖkosozialistInnen aus Hamburg die Grünen verlassen. In einer am Samstag verbreiteten gemeinsamen Erklärung wurde mitgeteilt, der Austritt sei eine Konsequenz aus einem seit längeren vollzogenen Bruch mit der Partei.

In der Austrittserklärung heißt es weiter, die grüne Partei habe sich programmatisch an die Erfordernisse der kapitalistischen Wirtschaft angepaßt. Sie hätte sich den Ordnungskriterien einer „normalen deutschen Wahlpartei“ unterworfen und den Parlamentsbetrieb lediglich um eine weiteres „etabliertes Exemplar“ bereichert.

Damit seien die Grünen überflüssig geworden. Ebermann & Co. meinen: „Der große Wunsch der grünen Mehrheit, als reputierliche Staatspartei regierungsfähig zu werden, hat zugleich ihre Not gefördert - die Grünen sind wieder von den anderen Parteien ersetzbar.“ Der Entschluß für ihren Ausstieg, so die Dissidenten, sei letztlich durch die Hinwendung der Partei zu „Deutschland einig Vaterland“ zustandegekommen. Allerdings haben insbesondere Ebermann und Trampert sich schon seit längerem mit dem Gedanken an ihren Abgang getragen. Spätestens seit der rot-grünen Koalition in Berlin und deren Dank an die „alliierten Truppen als Garanten der Freiheit“ war für die ÖkosozialistInnen der Ofen aus. Ursprünglich, so Trampert gegenüber der taz, sei geplant gewesen, die Grünen mit einem großen Knall zu verlassen und bundesweit alle linken Kräfte mit aus der Partei herauszunehmen. Doch selbst der Abgang wurde noch zum Flop. Bekannte Fundis wie Jutta Ditfurth und Manfred Zieran winkten ab. Auf dem letzten außerordentlichen Parteitag in Hagen erteilte Jutta Dithfurth einer Sammlungsbewegung radikaler Linker außerhalb der Grünen auch öffentlich eine Absage. Sie habe kein Interesse an einer „linken Partei“, das breite Bündnis innerhalb der Grünen müsse erhalten bleiben.

Daß der Austritt aus den Grünen auch von den Hamburger ÖkosozialistInnen selbst als Schritt ins politische Abseits gewertet wird, machte ihre Erklärung deutlich: „Wir wissen von uns, daß wir nicht nur in den Grünen verloren haben.“ Auch in der Gesellschaft sei die Zustimmung zur kapitalistischen Wirtschaftsweise und zum großdeutschen Chauvinismus gewachsen. Als Linke müßten die ÖkosozialistInnen aus krasser gesellschaftlicher Minderheit ihre Politik entfalten. Im gemeinsamen Text schreiben sie dazu: „Dieser Weg scheint uns aber richtiger, als in der Rolle der Jusos bei den Grünen an der Integration von Menschen in das erlaubte deutsche Politikmodell mitzuwirken.“

Einer Zusammenarbeit mit Gregor Gysis PDS, eine Möglichkeit, die in anderen Kreisen der Grünen noch heftig diskutiert wird, erteilten Ebermann und seine FreundInnen jedoch ebenfalls eine deutliche Absage. Die PDS hätte sich im Blitzverfahren von einer stalinistischen zu einer sozialdemokratischen Partei gewandelt. In ihr könnten ÖkosozialistInnen keine sinnvolle Perspektive erblicken. Überhaupt haben sie von Parteien die Nase voll. Ihre weitere politische Arbeit können sie sich vorerst nur in einem losen Bündnis vorstellen. „Vieles“, so Trampert, „wird dabei von der Negation leben.“ Das soll jedoch nicht als Resignation mißverstanden werden. Auf der Tagesordnung steht vielmehr der Versuch, „das Minderheitenpotential in der Bundesrepublik zu sammeln, das gegen die großdeutsche Euphorie und den aufkommenden Weltkapitalismus angeht“. Siehe auch Interview Seite 4, Kommentar Seite 10