Ein Kommunist siegt in Slowenien

■ Milan Kucan gewann die Präsidentenwahl / Slowenien will die Jugoslawische Föderation reformieren / Ängste um Wirtschaftskrise und Abneigung gegen Serbien spielten eine große Rolle

Berlin (taz) - Der Wahlsieg des KP-Chefs Milan Kucan in Slowenien am Sonntag ist eine kleine Sensation. Jedoch ist sie kaum als eine Bestätigung der kommunistischen Idee zu werten: vielmehr wurde der konsequent unabhängige und demokratische Kurs des slowenischen Präsidenten honoriert.

Die slowenischen Kommunisten waren vor einigen Wochen aus dem Parteitag des Kommunistischen Bundes Jugoslawiens ausgezogen und hatten sich daraufhin den Beinamen „Partei der demokratischen Erneuerung“ (ZKSSDP) gegeben. In den Wahlkampf gingen sie mit der Parole „Europa heute!“ und forderten, Jugoslawien solle Beitrittsverhandlungen mit der EG einleiten - andernfalls werde Slowenien es allein versuchen.

Wegen des serbischen Wirtschaftsboykotts gegen die Republik - Serbien weigert sich, slowenische Produkte zu beziehen, seit Slowenien auf der Seite der Albaner im Kosovo-Konflikt steht - ist das Wachstumstempo auf 1,1 Prozent gefallen, und eine Hinwendung nach Westeuropa erscheint als eine deutlich verlockendere Alternative.

Eine Reparatur der maroden Jugoslawischen Föderation ist für die Bevölkerung passe, wird aber doch notwendig sein. Was dabei ansteht, macht Kucan deutlich, wenn er sagt: „Im Monopol des Bundes der Kommunisten ist einer der Gründe für die tiefe Krise Jugoslawiens zu sehen.“ Ihm schwebt ein Mehrparteiensystem vor, das den gegenwärtigen nationalen Konflikt durch einen politischen ersetzen und dadurch das Überleben der Föderation sichern könnte.

Die Drohung, man könne jederzeit aus der Föderation austreten und damit die anderen Republiken ins wirtschaftliche Abseits stoßen, hat bislang noch gewirkt. Insgeheim schwingen aber auch Ängste mit. Falls Slowenien weiter für die jugoslawische Wirtschaftskrise zahlen muß, so wird befürchtet, könnte eine neue Emigrationswelle nach Italien und die BRD einsetzen, wie schon einmal in den 60er Jahren. Und ob Slowenien, mit seinen etwa 2 Millionen Einwohnern, auf eigenen Füßen stehen kann, ist auch unsicher.

Falls die Kommunisten bei den ebenfalls am Sonntag abgehaltenen Parlamentswahlen in die Opposition geraten, hat Kucan ebenfalls vorgesorgt. Die Macht müsse auf jeden Fall beim Parlament liegen, und der Präsident wäre ja sowieso „der Präsident aller Slowenen“ - damit will er seine Popularität im Gorbatschow-Stil in die neue Zeit hinüberretten. Möglicherweise wird Slowenien damit sogar vorexerzieren, was in der Sowjetunion noch nicht gelang Demokratie und Föderalismus zu einer stabilen Konstellation zusammenzufügen

D.J.