„Oui“ zum Wahlrecht?

■ Diplomatische Kreise in Bonn lassen verlauten, Frankreich habe keine grundsätzlichen Bedenken mehr gegen das Bundestagswahlrecht für BerlinerInnen

Das Hickhack um eine Beteiligung der Berliner an den nächsten Bundestagswahlen geht weiter: Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur haben gestern „diplomatische Kreise“ in Bonn verlauten lassen, daß Frankreich keine grundsätzlichen Bedenken mehr gegen ein Mitwählen der BerlinerInnen habe. Für eine Beteiligung an der Wahl ist sowohl die Zustimmung der Alliierten als auch eine Änderung des Bundeswahlgesetzes notwendig.

Bisher haben auf den Vorstoß des Berliner Senats für ein direktes Stimmrecht der Berliner zumindest die USA und Großbritannien nicht eindeutig ablehnend reagiert (die taz berichtete), Frankreich zeigte sich dagegen bislang eher reserviert. Weiterhin unklar ist die Einstellung der vierten Siegermacht Sowjetunion. Bereits 1979 hat sie im Alleingang den Ostberlinern zugestanden, sich bei den Wahlen zur Volkskammer zu beteiligen, und damit eindeutig gegen den Vier-Mächte-Status verstoßen. Im Gegenzug wird jetzt von ihr erwartet, daß sie kaum mit guten Argumenten den Westberlinern - möglicherweise als einzigen Deutschen - das Stimmrecht zu einem nationalen Parlament wird verweigern können.

Eindeutig ablehnend verhält sich mittlerweile die CDU sowohl auf Bundes- als auch auf Landesebene (die taz berichtete). Noch im November hatte sich Bundeskanzler Helmut Kohl für ein direktes Wahlrecht ausgesprochen und seine Unterstützung zugesagt. Innenminister Schäuble hält jetzt eine Beteiligung der Berliner für formal nicht mehr lösbar, und der Berliner CDU-Chef Diepgen erklärte in auffallender Übereinstimmung am gleichen Tag das direkte Wahlrecht der Berliner zur Nebensache. Die SPD-Fraktion im Bundestag hat mittlerweile einen Gesetzentwurf für eine Änderung des Wahlgesetzes eingebracht, der aber ohne weitere Aussprachen an die Ausschüsse gegangen ist. Auch gestern wiegelte die Union wieder ab: Der innenpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion Gerster meinte, das Problem habe wegen der gesamtpolitischen Entwicklung an Bedeutung verloren.

kd/dpa