Salzgitter arbeitet weiter

■ Erfassungsstelle will auch nach dem Fall der Mauer weitermachen / Jetzt sollen die Altlasten aufgearbeitet werden

Hamburg (taz) - 28 Jahre hat sie trotz heftiger Proteste aus dem DDR-Regierungsapparat gearbeitet, die, so amtlich, „Zentrale Erfassungsstelle der Landesjustizverwaltungen“ im niedersächsischen Salzgitter. Nach Auffassung der CDU soll die bundesdeutsche Erfassungsstelle für Menschenrechtsverletzungen in der DDR auch nach dem Fall der Mauer und auch nach der Etablierung eines deutschen Gesamtstaates erhalten bleiben: „Es geht um die Rehabilitation der Menschen, denen Unrecht angetan wurde“, so gleichlautend Rolf Kruse, CDU-Fraktionschef in der Hamburger Bürgerschaft, und Hans-Jürgen Grasemann, stellvertretender Leiter der Erfassungsstelle. Ihr gemeinsamer Protest gilt vor allem den sozialdemokratisch regierten Bundesländern, die seit 1984 ihre Finanzhilfen für die Stelle in Höhe von insgesamt 72.000 Mark gestrichen haben. Vertrauen in eine neue DDR-Justiz haben Kruse und Grasemann nicht: „Wir kriegen immer wieder Meldungen, daß die Leute drüben der Stimmung nicht trauen.“ Die Bilanz der Salzgitteraner Sammler hält Kruse für gut. Rund 40.000 Delikte wurden seit dem Berliner Mauerbau 1961 registiert. Die Sammelstelle, die „keine Anklagebehörde, aber staatsanwaltschaftlich organisiert ist“, kann nur Ermittlungen einleiten, wenn, so ein Mitarbeiter in Salzgitter, „ein Schinder auch zu uns kommt„; die Personendaten aus dem Gießener Notaufnahmelager werden regelmäßig mit den 40.000 Karteikarten in Salzgitter abgeglichen. Man fühlt sich den Menschen in der DDR verpflichtet: „Unser Ruf war drüben immer besser als hier“, so Grasemann, „für die waren wir immer die letzte Hoffnung, daß die Dinge, die ihnen angetan wurden, nicht vergessen werden.“ Nun gelte es, Altlasten aufzuarbeiten, neue Fälle seien in den letzten Monaten keine bekannt geworden: „Wir brauchen noch Zeit, aber sicher keine 28 Jahre mehr.“

JaF