Flotillenadmiral siegt vor Gericht

■ Fall Schmähling: Verwaltungsgericht entscheidet, daß der geschaßte Admiral zu Unrecht sofort seinen Schreibtisch räumen mußte / Urteil sagt jedoch nichts darüber aus, ob Schmähling zu Recht in den Ruhestand versetzt worden ist / Kritik an Kohl war der Anlaß

Bonn (taz) - Der aus seinem Amt geschaßte Flotillenadmiral Schmähling darf bis zur gerichtlichen Entscheidung über die Rechtmäßigkeit seiner Versetzung in den Ruhestand weiter Dienst tun. Das entschied am Freitag die 22. Kammer des Verwaltungsgerichts Köln (22L321/90) in dem Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes des Flotillenadmirals gegen die Bundesrepublik Deutschland. Das Verteidigungsministerium lehnte jede Stellungnahme zu dem Urteil ab; als sicher kann aber gelten, daß man den Admiral nicht wieder an seinen Schreibtisch läßt.

Der 53jährige Schmähling war durch den Bundespräsidenten am 12. Januar 1990 in den Ruhestand versetzt worden, nachdem er sich bei seinen Vorgesetzten auf der Hardthöhe und bei der Bundesregierung durch unbotmäßige Kritik am Bundeskanzler und dem früheren Verteidigungsminister Scholz unbeliebt gemacht hatte. Angesichts der Veränderungen in Osteuropa hatte Schmähling in aller Öffentlichkeit die noch immer herrschende Abschreckungspolitik der Nato und die Reduzierung der Truppenstärke der Bundeswehr gefordert. Erst am letzten Wochenende hatte der Admiral auf dem Parteitag der Grünen in Hagen erklärt, daß eine Abrüstung in der Nato „weder geschieht, noch gewollt ist“. Er geißelte eine „ungebremste und unkaschierte Aufrüstung“ im Kurzstreckenbereich und den Versuch der USA, in Europa eine militärische Überlegenheit zu erreichen. Als Abrüstung werde bezeichnet, was lediglich Modernisierung sei. Außerdem äußerte sich Schmähling kritisch über den Umgang der Streitkräfte mit Soldaten, die abweichende Meinungen vorbringen.

Nachdem nun Schmähling Klage gegen seine Pensionierung erhoben hatte, hätte er wenigstens bis zur entsprechenden gerichtlichen Entscheidung weiter Dienst tun können. Dem kam Richard von Weizsäcker zuvor, indem er kurzerhand mit Verfügung vom 23. Februar die sofortige Vollziehung der Versetzung in den zwangsweisen Ruhestand anordnete, weil das Vertrauensverhältnis zwischen Schmähling und dem Verteidigungsminister derart nachhaltig gestört sei, daß die weitere Tätigkeit des Admirals bis zur Ausschöpfung des Rechtswegs nicht hingenommen werden könne. Da er es aber versäumte mitzuteilen, wodurch genau das Vertrauensverhältnis gestört worden war, konnte das Kölner Verwaltungsgericht das vom Gesetz geforderte öffentliche Interesse am Sofortvollzug nicht erkennen.

Die Verwaltungsgerichtsentscheidung vom Freitag sagt noch nichts darüber aus, ob Admiral Schmähling zu Recht in den Ruhestand versetzt worden ist. Dies wird Gegenstand der noch anhängigen Klage sein, über die nach Auskunft des Verwaltungsgerichts Köln demnächst entschieden wird.

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