Gegen die Polen gehetzt

■ Auf einer Diskussionsveranstaltung im Charlottenburger Rathaus ließen rund 200 Bürgerinnen und Bürger ihrer Abneigung gegen die Polen in Berlin freien Lauf

Einen ausgeprägten Polenhaß legten am Dienstag abend rund 200 Charlottenburger BürgerInnen auf das Parkett des Festsaals im Bezirksrathaus. Illegaler Straßenhandel, die steigende Anzahl von Import-Export-Läden sowie der sprunghafte Anstieg von Taschen- und Ladendiebstählen waren die Themen einer Diskussionsveranstaltung, zu der Wirtschaftsstadtrat Helmut Heinrich (CDU) eingeladen hatte. Tenor des Publikums: „Die Polen sind an allem schuld.“ Mehr oder weniger Unterstützung für die pauschalen Vorurteile lieferten Vertreter der BSR, der Polizei, der IHK sowie der City AG und dem Gesamtverband Einzelhandel. Star des Abends war jedoch der Geschäftsführer der „Initiative Geschäftsleute und Bewohner der Kantstraße“, Bauer. Mit seinem rhetorischen Sturm gegen die Senatspolitik zur Polenproblematik hatte er die rechtslastige Bürgerversammlung auf seiner Seite.

Für mehr Polizeipräsenz auf den Straßen plädierte Stottrop von der City AG. Glücksspiele, Dreck und Diebstähle könnten sich seiner Ansicht nach nur verringern, wenn das Polizeiaufgebot potenziert werde. „Meinetwegen sollen die auch zu Pferde durch die Straßen, um den überblick zu bewahren“, so sein Vorschlag. Außerdem müßten Umweltdelikte, wie das Wegwerfen von Pappkartons und Bierbüchsen, häufiger und härter bestraft werden. Weniger Zustimmung erhielt er, als er die Polen als „größtes wirtschaftliches Potential“ bezeichnete.

„Die klauen doch nur“, so noch einer der harmloseren Zwischenrufe, als auch Bernd Rückert vom Gesamtverband Einzelhandel in dieselbe Kerbe hieb und vor der generellen Verurteilung aller Polen warnte. „Wir sollten die Polen nicht verteufeln“, wagte sich schließlich auch ein Vertreter der IHK auf Konfrontationskurs mit dem Publikum. „Wenn das unser alter Innensenator Lummer hören würde, kämen ihm die Tränen“, schrie daraufhin ein rot angelaufener Wüterich in die Runde und erntete reichhaltigen Beifall.

„Die Polen parken mit ihren Wagen alles zu und kriegen nicht mal einen Strafzettel“, beschwerte sich eine Anwohnerin der Kantstraße. Darauf der Vertreter der Polizei, Abschnittsleiter Walliser: „Sie als Autofahrerin haben wohl auch bemerkt, daß Sie weniger zur Kasse gebeten werden. Wir sind einfach überfordert.“

Auf wenig Gegenliebe stieß ein anderer Redner mit seiner Botschaft, die Polen seien für den Anstieg der Ladendiebstähle nicht verantwortlich: „Daß die Kriminalität so sprunghaft angestiegen ist, liegt eindeutig nicht an den Polen.“ An vielen Straftaten, so der ältere Herr in Uniform, seien Ostdeutsche beteiligt. Empörte Reaktion der Diskussionsteilnehmer: „Deutsche klauen doch nicht!“

Christine Berger