Die Coupons-Mauer für Behinderte ist gefallen

■ Taxi-Coupons gelten ab heute auch in Ost-Berlin und im Umland / Eindecker-Busse sollen künftig Hublift für Rollstühle haben / Vertreter vom „Spontanzusammenschluß Mobilität für Behinderte“ begrüßt Senatsbeschlüsse - bisher seien allerdings nur Minimalforderungen erfüllt

Die Coupons-Mauer für Behinderte aus West-Berlin fällt. Ab heute können Behinderte mit Telebus oder Taxi auch nach Ost -Berlin und ins Umland fahren. Die Taxi-Coupons sollen künftig im gesamten Nahverkehrsgebiet der BVG und des Ost -berliner BVB gelten, teilte gestern Sozialsenatorin Ingrid Stahmer (SPD) der Presse mit. Außerdem soll Rollstuhlfahrern auch die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel der BVG innerhalb West-Berlins erleichtert werden. Verkehrssenator Horst Wagner (SPD) gab gestern bekannt, daß die BVG in Zukunft mehr Eindecker-Busse beschaffen werde, die einen Hublift an der vorderen Eingangstüre besäßen. 110 seien bereits bestellt.

Die Anzahl der Taxi-Coupons wird auf 12 Fahrten im Monat erhöht. Von monatlich 50 Telebusfahrten standen Behinderten bisher nur 10 Fahrten mit dem Taxi zu. Außerdem werde der Telebus statt einmal jetzt dreimal wöchentlich nach Ost -Berlin und Umgebung fahren, teilte die Sozialsenatorin mit. Ab heute können die Coupons-Taxen direkt über die vier Funkzentralen bestellt werden. In diesen ersten Verbesserungen sieht Stahmer einen „Zwischenschritt zu einer umfangreicheren Veränderung des Telebussystems“.

Daß der Senat einen ersten Schritt in die richtige Richtung getan habe, meint auch Martin Marquard vom „Spontanzusammenschluß Mobilität für Behinderte“. Die Minimalforderung der Behinderten, mit den Taxi-Coupons auch in den anderen Teil der Stadt gelangen zu können, sei damit erfüllt. Allerdings entsprechen die gestrigen Senatsbeschlüsse noch nicht ganz ihren Forderungen. „Wir begrüßen die Ausweitung des Stadtgebietes, aber eigentlich verlangen wir 20 Couponsfahrten“, sagte Marquard. Die sogenannten Sammelfahrten mit dem Telebus nach Ost-Berlin hält Marquard für absolut inakzeptabel. Sie hätten den Charakter einer Stadtrundfahrt und würden keinerlei Spielraum für individuelle Wünsche lassen, da Abfahrtszeit und Route festgeschrieben seien.

Die Anzahl der Behinderten, die das Telebussystem in Anspruch nehmen, steigt ständig. Es sei nötig, mehr Berlin -Taxen zur individuellen Beförderung einzusetzen, sagte Marquard. Zur Zeit stehen nur 38 Berlin-Taxen für mehr als 12.000 Telebusberechtigte zur Verfügung. Im gesamten Telebussystem sind täglich 100 Telebusse unterwegs.

Mehr Berlin-Taxen will auch die Sozialsenatorin. Stahmer glaubt, wenn die Rollstuhlfahrer vermehrt die Taxen benutzen würden, könnten davon die Schwerstbehinderten profitieren. Sie könnten sich spontaner und flexibler entscheiden, mit dem Telebus zu fahren, wenn sich die Beförderung mehr auf die Taxen verlagern und den Telebus damit entlasten würde.

Julia Schmidt