„Die letzten Tage waren sehr schlimm für mich!“

Ralf Hirsch nimmt zu der gestern geplatzten Kampagne gegen ihn und Momper Stellung / „Rachefeldzug der Stasi“  ■ I N T E R V I E W

taz: Wie hast du dich in den letzten Tagen eigentlich gefühlt, nachdem die Vorwürfe von der 'Bild am Sonntag‘ erhoben worden sind?

Ralf Hirsch: Ich hab‘ am Samstag abend von der Geschichte erfahren, weil die eine Vorabmeldung veröffentlicht hatten. Ich kann nur sagen: Die Stasi hat mit mir in den letzten Jahren schon so einige Spielchen gemacht. Aber das war das Schlimmste, was mir je passiert ist. Man fühlt sich sehr hilflos, man kann sich nicht wehren. Überall bleibt was hängen, viele fragen sich, na, vielleicht ist ja doch was dran. Ehrenerklärungen zählen heutzutage nichts mehr. Die letzten drei Tage waren wirklich sehr schlimm für mich.

Haben deine Freunde und Kollegen distanziert auf dich reagiert?

Es gab eine Reihe von Leuten, die mich wirklich aufgebaut haben: Walter Momper, Werner Kohlhoff (Senatssprecher, d. red.) oder Bärbel Bohley und Rainer Eppelmann. Die haben gesagt: Ich glaub‘ das nicht, ich warte ab, bis Beweise kommen. Die Berichterstattung der taz war mutig und hat dagegengehalten. Aber innerlich ist man natürlich trotzdem total kaputt. Man traut sich kaum auf die Straße oder sich zu äußern. Man muß sich immer verteidigen. Dann gab es Morddrohungen per Telefon, das trifft einen natürlich.

Hat sich die 'Bild am Sonntag‘ denn noch mal bei dir gemeldet?

Nein. Nur einmal: Am Sonnabend, morgens um halb sechs. Ich schlief noch, als das Telefon klingelte. Der Reporter fragte mich gleich: „Haben Sie für die Stasi gearbeitet?“ Ich sagte: „Nein“. Dann fragte er: „Hat man versucht, Sie anzuwerben?“ Ich antwortete: „Ja, aber ohne Erfolg.“ Dann meinte der Typ: „Da müssen wir nächste Woche mal nachprüfen, wer solche Gerüchte in die Welt setzt.“ Am nächsten Morgen war dann die Geschichte auf der Titelseite.

Kannst du dir erklären, warum gerade du angeschwärzt worden bist? Da gibt es doch bei den ehemaligen Blockparteien und bei der PDS viel mehr Leute, die man sich aufs Korn nehmen müßte. Du warst dagegen eine zentrale Figur in der Opposition.

Das kann mehrere Gründe haben. Zum einen vielleicht ein Rachefeldzug der Stasi gegen mich. Zum anderen kann ich mir natürlich auch gut einen politischen Schlag gegen Walter Momper vorstellen. So nach dem Motto: Guillaume. Ich finde, daß man mit dem Vorwurf: „Dieser Mann ist ein Stasi-Mann“ wirklich sehr vorsichtig umgehen muß. Dann muß man schnell überlegen: Was macht man mit diesen Akten? Wenn die nicht mehr dagewesen wären, hätte ich meine Unschuld nie beweisen können. (Siehe Bericht auf Seite 2)

Interview: CC Malzahn