Grüne wenden sich an EG

■ Willi Hoss nach Gesprächen in London und Paris: Europäische Nachbarn sollen deutschen Einigungsprozeß begleiten

Bonn (taz) - Bei den westeuropäischen Verbündeten in London und Paris werde das Tempo des deutschen Einigungsprozesses „generell als zu schnell empfunden“, erklärte der Sprecher der Bundestagsfraktion der Grünen, Willi Hoss, nach Gesprächen in London und Paris. Zwar werde der Einigungsprozeß „anerkannt und als irreversibel“ eingeschätzt, doch habe man auch Schwierigkeiten damit. Hoss bezeichnete es als eine „Wende“ bei den Grünen, daß man sich an die EG-Partner gewandt habe, um sich über deren Beurteilung der deutsch-deutschen Entwicklung zu informieren. Die Grünen stehen der EG parteioffiziell deutlich ablehnend gegenüber. Im Mittelpunkt der Gespräche mit Sozialisten und Konservativen in England, mit Sozialisten, Gaullisten, Giscardisten und Grünen in Frankreich habe die Sicherheitsfrage gestanden. Eine deutsche Neutralität werde von allen Gesprächspartnern abgelehnt. Allerdings habe man auch zur Kenntnis nehmen müssen, daß die grüne Position eines Nato-Austritts in London und Paris nicht akzeptiert werde, sondern eine deutsche Nato-Einbindung als „ungeheuer wichtig“ angesehen werde. Die französischen Sozialisten und Gaullisten hätten außerdem die Vorstellung geäußert, daß auch nach einer Vereinigung und einer gesamtdeutschen Nato-Mitgliedschaft aus Rücksicht auf sowjetische Sicherheitsinteressen auf dem Gebiet der DDR russische Truppen stationiert bleiben sollten. Von den Gesprächspartnern werde eine „ökonomische Hegemonie“ eines vereinigten Deutschlands befürchtet. Damit fange die „mühselig austarierte Gleichgewichtssituation“ in der EG zu wackeln an, sorgten sich die Verbündeten. Die beiden Staaten sollten sich bei dem Vereinigungsprozeß deshalb „Zeit nehmen“, um die Entwicklung antideutscher Ressentiments zu vermeiden, wurde geraten.

gn