Momper-Mitarbeiter kein Stasi-Agent

Überprüfung der Stasi-Akten ergibt, daß die Vorwürfe gegen Ralf Hirsch haltlos sind / Rechtliche Schritte gegen 'Bild am Sonntag‘ / Walter Momper verlangt öffentliche Entschuldigung des Blattes /  ■  Von CC Malzahn

Berlin (taz) - Die von der Zeitung 'Bild am Sonntag‘ gegen den Momper-Mitarbeiter Ralf Hirsch erhobenen Vorwürfe, er sei unter anderem bezahlter Agent des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) gewesen, sind gestern wie ein Kartenhaus zusammengebrochen. Denn in der zentralen Personenkartei des ehemaligen Stasi-Ministeriums gibt es keine Hinweise auf eine Spitzeltätigkeit des 1988 aus der DDR abgeschobenen Bürgerrechtlers Ralf Hirsch.

Nach Überprüfung der Dokumente könne mit Sicherheit ausgeschlossen werden, daß Hirsch „jemals offizieller oder inoffizieller Mitarbeiter des ehemaligen MfS gewesen ist“. Dies wurde gestern nach einer Einsichtnahme in die Akten in einem Protokoll erklärt. Daran waren neben Hirsch und seinem Anwalt Peter Danckert der Ostberliner Oberkonsistorialrat Ulrich Schröter und Staatsanwalt Hans Peter Hofmann beteiligt.

Hirsch ist seit Dezember vergangenen Jahres als Berater im persönlichen Büro des Regierenden Bürgermeisters Walter Momper tätig. Der ehemalige DDR-Bürger war in den 80er Jahren einer der führenden Köpfe der DDR-Opposition. 1988 wurde er zusammen mit Bärbel Bohley und anderen nach einer Demonstration verhaftet und gegen seinen Willen in den Westen gebracht.

In der zentralen Personenkartei des ehemaligen MfS existieren nach den Angaben des Anwalts von Ralf Hirsch, Peter Danckert, eine Personenkartei und drei sogenannte Vorgangskarten über Hirsch. Darüber hinaus wurden zwölf Aktenbände und vier Bände mit Beweismitteln aus den Jahren 1982 bis 1990 vorgelegt. Danckert meinte weiter, es sei „völlig ausgeschlossen“, daß weitere Dokumente auftauchen könnten, die die Vorwürfe gegen seinen Mandanten bekräftigen würden.

Nachdem nun die Unschuld bewiesen sei, werde man sich mit der 'Bild am Sonntag‘ in Verbindung setzen, um zu klären, „wie die sich die Rehabilitation von Ralf Hirsch vorstellen“. Rechtsanwalt Danckert kündigte zugleich weitere juristische Schritte gegen das Blatt an. Walter Momper forderte das Springer-Blatt auf, sich öffentlich bei Hirsch zu entschuldigen. Er werde den Presserat auffordern, die Veröffentlichung der Zeitung zu verurteilen. Er nehme zwar an, daß man mit dem Artikel „andere treffen wollte“. Trotzdem sei er fassungslos darüber, daß ausgerechnet Ralf Hirsch, der über vierzigmal in Stasi-Haft gesessen habe, das Opfer einer solcher Kampagne werden konnte.

Hirsch erklärte, daß er im Jahre 1980 lediglich eine Verpflichtungserklärung für die Kriminalpolizei unterschrieben habe. Die Polizei habe ihm vorgeworfen, an einem Einbruch beteiligt gewesen zu sein. „Ich mußte mich verpflichten, an der Aufklärung des Falles mitzuwirken, um meine Unschuld zu beweisen“, erklärte Hirsch der taz. Er habe den Eindruck gehabt, daß dies nur ein Vorwand gewesen sei, um ihn anzuwerben. Im März 1981 habe man versucht, ihn als Spitzel auf Kirchenkreise anzusetzen. Daß er das abgelehnt habe, gehe aus den Akten eindeutig hervor.

Zur taz meinte Hirsch, daß er nun erst mal mit seinem unbekannten Berliner Namensvetter ein Bier trinken wolle: Ein im Telefonbuch verzeichneter „Ralf Hirsch“ wurde in den vergangenen Tagen nämlich Tag und Nacht von der Journaille belästigt. Der „echte“ Hirsch steht nicht im Verzeichnis.