Schweinchenglatte Böckchenjäger, Frauentrauer "mitten ins Herz"

■ Die Portal Gallery als Treff der "Naiven"/der Kulturladen Gröpelingen mit Bildern von Christiane Ahlers

Schweinchenglatte Böckchenjäger, Frauentrauer „mitten ins

Herz“

Die Portal Galllery als Treff der „Naiven“ / der Kulturladen Gröpelingen mit Bildern von Christiane Ahlers

Eine „Szene“ für sich, mit Ausstellungen in Chicago, Venezuela, Paris und Monaco, mit Preisen vom „Stern“ und von „Schöner Wohnen“ und Zertifikaten etwa der „Academia Leonardo da Vinci“ und mit dem thematischen Repertoire der großen Seele des Kleinbürgers: Es geht um naive Kunst. Einen schmucken Platz findet nämliche in Bremen in der Portal Gallery. Dort kann man sich jetzt die Bilder von vier Mitgliedern der „Recklinghauser Gruppe“ ansehen. Der klassisch naive Weg beginnt in kleinen Verhältnissen und ist autodidaktisch. Karl Hurm aus Haigerloch z.B., gelernter Maler und Südfruchtkaufmann, wurde krank und fing an zu malen, weite bläuliche Landschaften mit Pelzträgern, kleine nackte Damen mit Schweinebeinen, ikonenhafte Dorfszenen. Hurm fällt mittlerweile unter „contemporary art“, hat '85 den „Prix Suisse International de Peinture Naive“ errungen und kostet. Oder Lisa Kreitmeir, Jägerstochter, Bäuerin, 1935 in Oberammergau geboren und immer dort geblieben: Mit ihren allerliebsten Protestbildern gegen die Umweltzerstörung (Paradiesszene in Ellipsenform, umgeben von AKW, Waldtod, böckchenjagenden „Wilden“ und Pest) oder einem Spiegel, den die vier Jahreszeiten umranken, trifft sie das Sehnen ihrer KundInnen. Neben verschlüsselten Szenen von Maria Kirchner (die seit einem Jahr an Tastbildern für Blinde arbeitet) ist der Bremer Henry Dieckmann vertreten mit seinen „francophilen Bremensien“.Dieckmann, '33 in Verden geboren, malte in den Nachkriegsjahren Bilderbücher, die sich gegen Kartoffeln tauschen ließen; '69 startete er künstlerisch durch, nachdem er auf dem Flohmarkt „entdeckt“ wurde. Seine Figuren sind fett und rosig, spielen Boule und fahren auf Rennrädern. Gemeinsam ist allen Bildern die übergroße Liebe zum Detail sowie zum Idyll sowie zum Atmosphärischen sowie das Wissen darum, was 90% der Menschheit von Kunst erwarten. Schwachhauser Heerstraße 3, bis zum 26.4..

Wenn die Kunst zum Volk geht, kann das so aussehen: Im Kulturladen Gröpelingen, zwischen Flaschenbier und Carambolage-Billard und „Deutsch-für Türkinnen“ hängen die Bilder von Christiane Ahlers, einer gut dreißigjährigen arbeitslosen Lehrerin und darum Malerin seit zwei Jahren. Seit neun Jahren belebt der Kulturladen seine Wände mit Ausstellungen, und Frau Ahlers hat ein Heimspiel, weil sie im Laden seit '83 ehrenamtlich mitarbeitet und z.B. den Entwurf für das prangende Wandbild geliefert hat. Ihre Bilder („Mitten ins Herz“) sind persönlich bis intim und darum vorerst unverkäuflich; Bilder von ihrem „Frausein“. Von veritablen Selbstportraits (Frau im Sand, von mutmaßlich männlichem Schatten bedroht) über expressionistisch sich entäußernde Tänzerin bis zu der Kehrseite von Frauenpower („Frauentrauer“) und wild flammender Möse im Universum („O.T.“) reicht das Repertoire, sprich die Entwicklung der letzten zwei Jahre. Vor den großformatigen Ölbildern kommt man mit LadennutzerInnen leicht ins Gespräch; der türkische Maschinenbauer hält die Frau im Sand für das beste, sein deutscher Tischgenosse „kann sich in jedes Bild reinsetzen“. Damit die Bilder intensiver wahrgenommen werden, steht einmal die Woche die Künstlerin Rede und Antwort. Halmerweg 43, bis 20.4. Bu