Neues Gremium für die Vereinigung Berlins

■ Parlamentspräsident Wohlrabe traf gestern Volkskammerpräsidentin Bergmann-Pohl / Gemeinsames Gremium soll aus je 20 Abgeordneten bestehen

Die Vereinigung der beiden Teile der Stadt ist gestern ein Stück vorangekommen: Parlamentspräsident Wohlrabe traf zum ersten Mal mit der neugewählten Volkskammerpräsidentin Sabine Bergmann-Pohl (CDU) zusammen und übergab ihr einen Vorschlag des Westberliner Abgeordnetenhauses für ein gemeinsames Gremium aus Parlamentariern. Diesem paritätisch besetzten Gremium sollen 20 Westberliner Abgeordnete und 20 Volkskammerdelegierte angehören, die gemeinsam Vorschläge zu einer künftigen Ländergliederung erarbeiten sollen. Zur Zeit ist noch ungeklärt, ob es in Zukunft einen Stadtstaat Berlin oder ein Land Berlin-Brandenburg geben soll. Für ein Land Berlin-Brandenburg müßte sowohl die DDR-Verfassung geändert werden als auch - bei einem Anschluß nach Artikel 23 - das westdeutsche Grundgesetz. Im Falle einer Wiedervereinigung sieht es in seiner jetzigen Form ein Land Groß-Berlin vor.

Der gemeinsame Ausschuß soll auch ein Verfahren der Verfassunggebung für Berlin und ein Wahlgesetz sowie Vorschläge zu einer künftigen einheitlichen Verwaltungsstruktur erarbeiten. Wohlrabe war vom Abgeordnetenhaus beauftragt worden, rasch nach den Volkskammerwahlen Gespräche aufzunehmen. Entgegen dem ursprünglichen Vorschlag des Regierenden Bürgermeisters, mit den Ostberliner Delegierten zu tagen, wird von östlicher Seite das Gremium mit Delegierten entsprechend der Fraktionsstärke besetzt. Die Westberliner CDU lehnte den ursprünglichen Vorschlag ab aus Sorge, daß sonst zu viele PDS-Abgeordnete vertreten seien.

Daneben übergab Wohlrabe Frau Bergmann-Pohl auch einen Katalog von „vordringlichen Beratungsgegenständen“. Bei der Wiedereinführung der Länder in der DDR solle darauf geachtet werden, daß Ost-Berlin einen Sonderstatus erhalte, der sich am völkerrechtlichen Status von Berlin orientieren solle. Auch eine neue DDR-Kommunalverfassung soll in Ost-Berlin keine Gültigkeit haben, sondern die Stadtverordnetenversammlung soll sich gemäß der Berliner Verfassung von 1948 eine Übergangsregelung geben. Frau Bergmann-Pohl sagte zu, so schnell wie möglich mit dem Präsidium der Volkskammer über die Vorschläge zu beraten. Die AL kritisierte das Vorgehen Wohlrabes. Die AL-Fraktion stimme dem, so die Fraktionsvorsitzende Renate Künast, nicht zu. Es sei politisch instinktlos, ein Papier vorzulegen, das für Ost-Berlin die Westberliner Verfassung von 1948 vorschreibe.

kd