Außer Spesen nichts gewesen?

In Israel dauert die Regierungskrise weiter an / Peres in letzter Minute ohne Mehrheit, da zwei Mitglieder der orthodoxen Religionspartei „Agudat Israel“ ihre Gefolgschaft aufkündigten  ■  Aus Tel Aviv Amos Wollin

Vor der entscheidenden Knesset-Abstimmung über eine von ihm geführte kleine Koalitionsregierung stieß Schimon Peres, Chef der israelischen Arbeitspartei, am gestrigen Mittwoch erneut auf Probleme. Denn mit einem Mal war wieder völlig offen, ob denn überhaupt 61 der 120 Parlamentsabgeordneten bereit wären, einer von ihm geführten Regierung das Vertrauen auszusprechen. Unmittelbar zu Beginn der zu diesem Zweck einberufenen Dringlichkeitssitzung der Knesset beantragte die Arbeitspartei daher eine Konsultationspause.

Die für Peres prekäre Situation war entstanden, als am frühen Mittwoch morgen zwei Abgeordnete der orthodoxen Religionspartei „Agudat Israel“ unter Mißachtung der Vereinbarung mit der Arbeitspartei ankündigten, einer Peres -Regierung ihre Unterstützung zu versagen. Die beiden Abtrünnigen behaupteten, sie würden mit ihrer Entscheidung nur einem Wink des einflußreichen New Yorker Rabbiners Schneerson folgen. Er habe sie von der Gefährlichkeit einer Regierung überzeugt, die „von PLO-Arabern unterstützt werde und bereit sei, Gebiete von Israel aufzugeben“. Obwohl Rabbi Porusch, Führer der „Agudat Israel“, Peres versprach, die Abweichler wieder auf Kurs zu bringen, informierte Peres Staatspräsident Herzog über die neue Lage, beantragte eine Verlängerungsfrist zur Regierungsbildung und - blies die Abstimmung ab. Der Abgeordnete der Bürgerrechtsbewegung „Raz“, Sarid, meinte am Mittwoch: „Der neuerliche Stillstand wird wahrscheinlich wieder zu einer nationalen Einheitsregierung führen“. Die sephardisch-orthodoxe Schas -Partei, die am 15. März die Regierung von Likud-Chef Schamir zu Fall brachte, hat der Arbeitspartei schon eine „breite Koalitionspartnerschaft“ angetragen. Und die Führung der Arbeitspartei hat signalisiert, daß sie darüber nachdenken werde.