Dem Hund den Stock, der Rose den Pflock

■ Ostern ganz privat: Was die Berliner Hoch-Prominenz am ersten all-deutschen Eierfest nach dem Mauerfall alles so tut oder lieber läßt

Die Mutter u.a. auch der DDR-Revolution und Malerin Bärbel Bohley hat sich in ihrer Wohnung verbarrikadiert, um nach dem ganzen Trubel endlich mal zur Ruhe zu kommen. Sie will lesen und schlafen und sich so für die „nachösterlichen Kämpfe“ ein dickes Fell zulegen. Laubenpieber und Ruheständler Harry Ristock (SPD) ist offizell verreist. In Wirklichkeit rückt er zusammen mit seiner Gattin im trauten Heim die Möbel grade: das vergilbte Wohnzimmer soll endlich mal wieder frische Farbe sehen. Im Vorgarten müssen noch die Tomaten und Rosen an's Pflöckchen. Auch Hanna Granata Laurien (CDU, MdA) bleibt zu Hause. Sie ist gerade von einer achttägigen PragReise zurückgekommen und will „jetzt die Beine hochlegen und die Erlebnisse verdauen“. Das Problem ist nur, daß ihr Koffer in Frankfurt hängengeblieben ist und sie nicht an ihre Aufzeichnungen rankommt. Getreu der Devise „ora et labora“ wird die gläubige Katholkin in der Osternacht natürlich in die Kirche gehen. Landespolizeidirektor Manfred Kittlaus hat mit der Bibel weniger im Sinn. Er führt seine Familie in den Zoo (Ost), genannt Tierpark. Nebenbei will er sich in der Stadt in den Trubel stürzen: „Den find‘ ich schön, der macht das Leben aus“. Christian Ströbele, Anwalt, guter Onkel der taz, sowie Väterchen der Koalition lag beim Anruf bastelnd unter seinem Auto (!) und mußte erst gerufen werden: „Ihr habt wohl 'ne Macke“. Das Kreativ-Gespann Gabriele Goettle (Wort) und Elisabeth Kmölniger (Bild) hingegen wird zu Ostern fleißig schaffe und in den Pausen mit den Hunden (zwei?) „ab und zu mal vor die Tür gehen“. Hol‘ das Stöckchen. Ebenfalls auf der workaholic-Liste: Autor Tilman Fichter. Er steht am Stehpult, denn er sitzt gerade an einem Artikel in Englisch über „Die Malaise der Linken nach den Sturz von Honecker“. Zum Luftschnappen und baden in der Menge (von wegen die ist im Osten!) geht er in den Charlottenburger Park. Pieke Biermann, Schriftstellerin, geht nur mit ihrem neuesten Krimi ins Bett und steht auch morgens mit ihm auf: „Das Ding muß fertig werden.“ Auf die Tagesschau und ähnliches „Parade von häßlichen Blubberköpfen“ - verzichtet sie dabei herzlich gerne. Nur an das eine - die schnöde Lohnarbeit denken auch Hörfunkreporter Matthias Frings („Drei Live -Sendungen, eine Talk-Show und ein Geburtstag, nämlich meiner“), Journalistin Renee Zucker („Mein Sohn Kaspar, das alleinstehende Kind, ist diesmal beim Vater“) und Modemacher BeV Stroganoff („Mein innerer Drang sagt mir, die neue Kollektion muß 'raus“). Nach soviel „menschlich sauberer“ guter Simmung durch Frauendominaz im rot-grünen Senat hat Innensenator Erich Pätzold (SPD) die Männerkameradschaft wiederentdeckt. Mit seinem Schulfreund aus dem Osten hat er die olle Jolle aus der Juso-Zeit wieder fit gemacht - nur die Elektrik funktioniert noch nicht: „Da muß ich 'noch ein bißchen 'dran schrauben“. Möglicherweise treibt Pätzold auf seinen Törns ja an der Datsche von Regierungssprecher Werner Kolhoff vorbei, der „mit Funktelefon in Potsdam auf Abruf sitzt“. Kollegin Jutta Limbach (SPD) weilt derweil im ferneren Osten und klärt dort zusammen mit Rita Süssmuth (CDU) die japanische Damenwelt über ihre feministischen Defizite auf.

Banalere Aufgaben warten hingegen auf „Tornado„-Arnulf. Er muß für die eigenen Gören Osterhase spielen - diesmal, weil das erste Mal im Treptower Park: „Die Eier bring‘ ich selber mit, weil im Osten gibt's ja keine“, rutscht es ihm vor lauter Streß ungewohnt antikommunistisch von den Lippen. Die zwei andern Tornados Günther und Holger haben es leichter. Der eine braucht nur für seine alte Mutter in Celle die Ostereier zu verstecken, der andere zimmert am Wendländer Dachstuhl.

Nur einer ignorierte das erste all-deutsche Osterfest leergefegter Ku'damm, verstopfte Linden - wie zu erwarten völlig. Autor Bert Brecht ließ aus seiner kühlen Gruft an der Chausseestraße vermelden: „In dieses Deutschland wiederaufersteh‘ ich nicht“.

Mari & Anne

Fotos: Paul Glaser, Armin Strauth (Irrlicht), A. Schoelzel, H.P. Stiebing (Zenit).