Kunstverein kämpft um ehemalige Stasi-Villa

■ Aktionstag des „Kunstvereins Friedrichshagen-Berlin e.V.“ am Ostermontag / Friedrichshagen will Kulturtradition fortsetzen

Wegen ihrer bisher noch erfolglosen Bemühungen um die „Ehrlich-Villa“ in der Friedrichshagener Nawrocki-Straße 16 hatte der „Kunstverein Friedrichshagen-Berlin e.V.“ im Osten der Stadt zum Aktionstag am Ostermontag vor dem fast einhundertjährigen Haus aufgerufen.

Bei Kultur und Bratwurst sowie etwas unentschlossenem Wetter wollten die Initiatoren - Künstler und kunstinteressierte Bürger aus ganz Berlin - die Öffentlichkeit mit ihrem Anliegen bekannt machen. Der Kunstverein, der am 2. Februar 1990 gegründet worden war, bemüht sich um die Villa an der Spree, die sich in einem leidlich guten Zustand befindet, als zukünftiges Domizil. Die „Ehrlich-Villa“ - nach dem jüdischen Arzt benannt, der in den zwanziger Jahren Deutschland verlassen hat und der das Haus der Gemeinde Friedrichshagen stiftete - fiel in den dreißiger Jahren den Nazis in die Hände und wurde von der SS als geheime Geldwaschanlage genutzt. In der Bevölkerung Friedrichhagens hieß es auch „Das Haus der Schreie“, weil dort gefoltert worden sein soll. In der DDR gehörte es bis Ende 1989 dem Staatssicherheitsdienst. Derzeit wird es von einem Ingenieurbetrieb als Arbeiterwohnheim genutzt.

Nach den Vorstellungen des Vereins sollen dort einmal durch Ausstellungen, Herausgabe von Druckschriften und Veranstaltungen die Kräfte von Künstlern und Kunstfreunden zusammengeführt werden, um von Friedrichshagen aus eine weitgespannte kulturelle Öffentlichkeitsarbeit zu leisten. „Unser Verein steht nicht nur Künstlern, von denen zwar die Initiative ausging, sondern allen kunstinteressierten Frauen und Männern offen“, erklärt Vorsitzender Clemens Gröszer (38), selbst Maler und Graphiker. „Wir haben uns vor allem der Kunst des 20. Jahrhunderts, aber besonders der DDR-Kunst verschrieben. Wir wollen, daß Kunst, die sich nicht kommerzialisieren will, nicht untergeht.“

Der „Kunstverein Friedrichshagen nimmt mit seinem Namen Bezug auf die kulturelle Tradition, für die dieser Ortsname steht. Mit der Übersieldlung Wilhelm Bölsches und Bruno Willes 1890 in den Köpenicker Ortsteil bildete sich eine neue Gruppe Literaten, der „Friedrichshagener Dichterkreis“, dem unter anderem Julius und Heinrich Hart, Gustav Landauer und Erich Mühsam angehörten. Durch Bücher, Vorträge und Veranstaltungen wollte man damals Gedanken zur progressiven Veränderung der Gesellschaft fördern. Viele Straßennamen im idyllisch gelegenen Friedrichshagen, selbst allerdings DDR -typisch runtergekommen“, umgeben von Wald und Wasser im südlichen Ost-Berlin, erinnern heute noch an diese Vergangenheit.

Eike Sanders