Ariane-Absturz durch Sabotage?

■ Wie kommt ein doppelt verknotetes Geschirrtuch in das Kühlwasserrohr? / Rätselraten über ein mysteriöses Stück Stoff

Paris/Berlin (taz) - Ist die europäische Trägerrakete Ariane 4 bei ihrem letzten Start am 23. Februar durch einen Sabotageakt explodiert und samt milliardenschwerer Satellitenfracht ins Meer gestürzt? Die Untersuchung des Unglücks förderte jetzt ein grobgewebtes, trapezförmiges 30 Zentimeter langes Stück Stoff in der „Art eines Geschirrtuches“ zutage. Der Stoffetzen, dies fand die nach dem Unglück gebildete Untersuchungskommission heraus, verstopfte die Kühlwasserzufuhr für einen der Motoren, was zu der Katastrophe führte. Zentrale Frage: Wie kommt das Geschirrtuch in das Kühlwasserrohr? Die angesehene Pariser Tageszeitung 'Le Monde‘ hat ihre Zweifel, ob es durch die Vergeßlichkeit eines Monteurs dorthin gelangt ist:

-Ein Geschirrtuch dieser Art werde in den Montagehallen nicht benutzt, für die Montagearbeiten stünden spezielle Reinigungspapiere zur Verfügung.

-Das Tuch sei an zwei Stellen geknotet worden, um eine Stopfenfunktion bewußt zu erzielen.

-Wäre das Tuch tatsächlich vergessen worden, hätten es spätestens die Kontrolleure (zwei Durchgänge) und Rohrmechaniker entdecken müssen.

Das Blatt zitiert einen Techniker mit der Bemerkung, es „grenzt an Unmöglichkeit“, daß der Stoffetzen vergessen wurde. Zugleich wird daran erinnert, daß die erste Raketenstufe der Ariane über Weihnachten „fast unbeaufsichtigt“ in der Halle auf dem Weltraumbahnhof Kourou gestanden habe. Für das Ab- und Anmontieren des Kühlwasserrohrs benötige ein erfahrener Techniker nicht mehr als zwölf Minuten.

Im offiziellen Untersuchungbericht war - sehr zurückhaltend - lediglich von einem „Fremdkörper“ die Rede gewesen, ohne weitere Einzelheiten zu nennen. Auf den Sabotagevorwurf angesprochen, wiegelte Jacques Durand, der Vorsitzende der Kommission, zunächst ab. Nach jedem mißglückten Start sei von Sabotage die Rede. Zudem gebe es tausend bessere Möglichkeiten der Sabotage als dieses „komplizierte“ Vorgehen. Durand kündigte an, die Untersuchung fortzusetzen.

Bei der Explosion der Ariane war ein Schaden von zwei Milliarden Mark entstanden. Zugleich bedeutete das Unglück einen schweren Rückschlag im Satellitengeschäft, bei dem die Konkurrenten USA, Europa und neuerdings China um Milliardengewinne ringen.

Manfred Kriener