Offener Brief - Auch an Konrad Weiß

■ betr.: Das PDS-Syndrom/Ostermarsch ist die Schmerzgrenze

Das PDS-Syndrom / Ostermarsch ist die Schmerzgrenze

„Damals“, als die SED uns schärfstens verfolgt hat, habe ich einen ganzen Stapel „Schwerter zu Pflugscharen„-Aufnäher verbraucht. Zirka alle 2 Tage nahm Polizei/Stasi mir einen ab. Abrüstung und Entmilitarisierung - das waren und sind wesentliche Themen der unabhängigen Friedensbewegung und der Opposition. Ich bin jetzt in der Grünen Partei und wir womit ich ausdrücklich auch das Bündnis 90 meine - wir waren doch diejenigen, die das Thema - schon vor Jahren unter Verfolgung - in's Gespräch brachten. Nun kam die „Wende“ und die alte Staatspartei griff zum Stift und schrieb aus allen basisdemokratischen Programmen das ab, was sie für gut hielt. Ein Programmsammelsurium entstand. Die dazugehörige Partei müßte - kennt man die Mitgliedschaft nicht - noch fortschrittlicher als fortschrittlich sein, sozusagen ein Parteienwunder. Aber viele Karrieristen/Opportunisten haben die PDS inzwischen auch verlassen...

Man mag an dieser Partei viel aussetzen. Das sollte aber jetzt nicht mein Thema sein. Meine Kritik geht an Konrad Weiß und Demokratie Jetzt, ausdrücklich vorangeschickt: ich habe große Achtung vor Herrn Weiß.

Weil eine uns suspekte Partei in einigen Punkten unsere Positionen übernommen hat, können wir doch nicht unsere Überzeugung aufgeben. Es gibt sicher Bereiche, in denen wir umdenken müssen. Aber die Entmilitarisierung kann doch wohl nicht ein solcher sein. Wenn die PDS nach und nach alle unsere Positionen „klaut“ - wollen wir sie dann ablegen?

Im Gegenteil: Unsere Leute sollten unbedingt auf der Ostermarschkundgebung reden und für das Anliegen werben. Dabei ist sogar Selbstbewußtsein angebracht und auch der Verweis auf unser ungebrochenes Eintreten dafür erlaubt! Es darf aber nicht sein, daß wir um der Abgrenzung willen eigene Überzeugungen verraten. Wenn es punktuelle Übereinstimmungen mit der PDS gibt, macht auch mir das Bauchschmerzen, aber die müssen wir aushalten. Das heißt ja nun wohl nicht den Beginn einer engumschlungenen Liebe. Über den Verdacht einer Kungelei mit der PDS sollten wir erhaben sein - sowohl Bündnis 90, als auch Grüne. Unsere Vergangenheit verschafft uns - im Unterschied zu anderen Integrität. Und letztlich muß uns - in der Sachfrage - jeder Bürger recht sein, der für Entmilitarisierung eintritt.

Einen Schock erlitt ich heute auf die Frage an einen Passanten, woher er seinen „Ostermarsch-90

Sticker“ habe: „Die gibt's bei der PDS“ war die Antwort.

Wollen wir sie der PDS überlassen und muß ich dann - später - PDS-Mitglied werden, will ich für Entmilitarisierung eintreten? Auf Ihre Antwort, Herr Weiß, bin ich sehr gespannt.

Ich jedenfalls werde zum Ostermarsch gehen und wünsche mir, dort viele Freunde vom „Bündnis 90“, „Grünen“ und evtl. der SPD zu treffen. Auch über die PDS-Leute freue ich mich - sie müssen ja deswegen nicht gleich meine Freunde sein.

Markus Strobl

Berlin-Blankenfelde