Wählen in Bremen: überflüssig

■ Meinungsforscher: SPD bleibt vorn / Mit CDU geht's weiter bergab

In Bremen kann passieren, was will: 50 Prozent aller BremerInnen wählen sozialdemokratisch. Wären vor vier Wochen Bürgerschaftswahlen gewesen, hätte die SPD wieder mal die absolute Mehrheit bekommen. Das hat jetzt das Dortmunder Meinungsforschungs-Institut „Forsa“ im Senats-Auftrag ausgerechnet.

Auch wenn die Meinungsforscher sich die Frage „Warum eigentlich?“ verkniffen - ein Grund für die SPD-Treue der BremerInnen läßt sich aus ihrer Auswertung der 1.411 „repräsentativen“ Antworten ablesen: Verzweiflung über die gesamte Bremer Opposition. Selbst unter eingefleischten CDU -Wählern kann sich derzeit nur jeder zweite einen besseren Bremer Bürgermeister als Klaus Wedemeier vorstellen. Wäre im März gewählt worden, hätte die CDU selbst die mageren 23,4 Prozent der letzten Bürgerschaftswahlen kaum wieder erreicht. Damit genießen die Bremer Christdemokraten nicht mal halb soviel politisches Vertrauen wie ihre Bonner Parteifreunde: Während 29 Prozent aller BremerInnen der Bonner CDU die größte politische Kompetenz aller Parteien zubilligen, trauen der Bremer CDU lediglich 14 Prozent zu, „am besten mit Proble

men fertig zu werden“.

Aber auch die Grünen wären bei Bremer Landtagswahlen im März nur mit Glück und Mühe wiederum auf ein zweistelliges Ergebnis gekommen. Nur der FDP billigt Forsa gute Chancen zu, ihr 10-Prozent-Ergebnis vom September 89 zu wiederholen. Unter die 5-Prozent-Marke sinkend dagegen: Die Chancen von Rechtsradikalen.

Zwei weitere mögliche Gründe für das Image der SPD als größtem Wohl bzw. kleinstem Übel: Die Bonner Genossen um Oskar Lafontaine liegen bei BremerInnen bestens im Trend. 42 Prozent aller Forsa-Befragten halten die SPD auch auf dem Bonner Parkett für die kompetenteste Partei. Vor den letzten Bürgerschaftswahlen glaubten das lediglich 28 Prozent. Hinzu kommt: Die Angst vor Arbeitslosigkeit und Wirtschaftskrise hat in Bremen deutlich abgenommen. Zwar hält immer noch ein gutes Drittel aller BremerInnen die Arbeitslosigkeit für das drängendste politische Problem. Aber: Vor einem Jahr war es noch jeder Zweite. Außerdem glauben inzwischen immer mehr BremerInnen den Beteuerungen des Senats, daß es wirtschaftlich wieder aufwärts geht. Nur 26 Prozent sind in Sachen Bremer Wirt

schaftsklima nach wie vor pessimistisch, 43 Prozent dagegen optimistisch. Bei den Bürgerschaftswahlen 1987 war das Verhältnis noch genau umgekehrt.

Wovon Bremens Wirtschaftssenator allerdings fast nichts hat. Den Namen Uwe Beckmeyer hat in Bremen nur jeder zweite überhaupt schon mal gehört und nur drei von 100 Befragten hielten Beckmeyer für den wichtigsten Bremer Lokalpolitiker. Damit liegt Beckmeyer publicity-mäßig ungefähr gleichauf mit Senats-Newcomerin Sabine Uhl. Zum Vergleich: Claus Grobecker darf sich 4.5 mal so wichtig wie Beckmeyer (14 %) fühlen, Henning Scherf halten sogar 35 Prozent für den Größten und nochmal doppelt so wichtig kann sich Klaus Wedemeier nehmen (75 %).

Die bekannteste Politikerin in Bremen heißt Evi Lemke -Schulte. 81 Prozent aller BremerInnen kennen die Umweltsenatorin. Was Lemke-Schulte weniger freuen dürfte: Ökologie rangiert im Problembewußtsein der BremerInnen immer noch unter „ferner liefen“. Wichtiger finden die BremerInnen z.B. Arbeitslosigkeit, Wohnungsversorgung, Finanzen, Verkehrsprobleme, Über-und Aussiedler, Kriminalität.

K.S.