Nach Strausberg, immer die Alleen lang

■ Mit dem taz-Radler auf Tour im östlichen Umland: Von Hoppegarten nach Strausberg durch Wald, Felder und vorbei an kleinen Seen

Start: S-Bahnhof Hoppegarten. Ziel: S-Bahnhof Strausberg Nord. Streckenlänge: 30 Kilometer, 38 Kilometer mit Ihlandsee und 47 Kilometer bis Strausberg Vorstadt.

Kurz vor dem Ausgangspunkt Hoppegarten überquert die S-Bahn ein Gewässer und fährt endlich durch Wald. Den S-Bahnhof verlassen wir auf der nur anfangs gepflasterten Straße nach Altlandsberg. In der Dorfaue liegt eine schöne alte Feldsteinkirche. Am Ortsausgang von Neuenhagen bietet sich für Schleichwegliebhaber die Möglichkeit, vor der Autobahn rechts auf asphaltiertem Weg abzubiegen. Wenn ein Schild Müllkippe zu lesen ist, folgen wir diesem Hinweis und unterqueren die Autobahn. Jetzt wird es gleich viel schöner, vor uns liegt ein Gehöft und das Neuenhagener Fließ. Nach dem Elisenhof wird der Weg kurzfristig etwas sandig, doch auch wer die Straße nach Altlandsberg wählt, hat mit dem Untergrund zu kämpfen, hier schüttelt nämlich Pflaster den Radler durch.

Dafür warten aber auf der Schleichwegroute die Reihen der alten, meist verlassenen Backsteinscheunen eines großen Besitzes auf uns. Die Herren wechselten sich hier mehrfach ab, von 1708-1712 war der Ort Sitz der Nebenresidenz des Königs Friedrich I. Auf der steinernen Spitze des Strausberger Turms trohnt ein Storchennest. Der Ort hat einen eckigen Platz im Zentrum, der den Charme einer französischen Kleinstadt haben könnte, wenn nicht über allem dieser Schleier von Vergangenheit und Untergang ausgebreitet wäre. Keine sieben Kilometer außerhalb Berlins liegt der Ort da wie am Rande einer atomar verseuchten Zone. Nur die Autos, die diagonal von Berlin Richtung Strausberg durchrappeln, stören dieses monotone Bild. Wir aber folgen dem winzigen Hinweis nach Bernau. Dazu halten wir uns rechts, vermeiden die Strecke nach Wegendorf, die dieses angeblich für die DDR so typische Pflaster hat und rollen die wunderschöne Allee mit dem rauhen welligen Asphalt nach Buchholz. Linkerhand reihen sich die Alleen über die sanft ansteigenden Rücken des Barnim, und rechts schiebt sich der Kirchturm von Buchholz über den Horizont.

Im verschlafenen Wegendorf gibt es eine Gaststätte Sonneneck, wo man bequem zu dritt sitzen kann, danach wird's eng. Mehr Platz hat die Mühle am Fängersee bei Wesendahl. Die kürzeste Verbindung zwischen beiden Orten ist allerdings nur eine ungeteerte Chaussee, eingerahmt von einer Baumallee. Wer vorankommen will, macht etwas, was im Kapitalismus wohl nicht mehr geduldet werden wird: er fährt über das glattere Feld neben der Allee.

Das Radlerherz schlägt dann höher, wenn der Asphalt auf der Strecke nach Gielsdorf erreicht ist. Beiderseits der Straße erstrecken sich erst sandige Obstanbaugebiete, dann senkt sich die Straße in den feuchten Gamengrund. Wir überqueren eine alte eiszeitliche Schmelzwasserrinne, die noch heute über Dutzende von Kilometern in Nord-Süd-Richtung den höher gelegenen Barnim durchschneidet. Wanderer oder Mountain -Biker können der Rinne über weite Strecken folgen und dabei immer wieder auf kleinere Seen stoßen. Dazwischen liegen Verlandungszonen, die aus Gründen des Naturschutzes gar nicht betreten werden sollten.

Auf unserer Strecke markiert der Gamengrund den Übergang von der freien Landschaft zum sich östlich anschließenden Waldgebiet. Wer Zeit und Lust hat, der sollte deshalb in Gielsdorf zwischen Dorfteich und Schweinemastbetrieb nach Norden von der Straße nach Strausberg abbiegen. Nach einem leichten Anstieg auf gut befahrbarem Weg führt an einem Wochenendhäuschen am Waldrand eine Abfahrt nach rechts in die nächste alte Abflußrinne. Der Weg ist teils sandig, teils gepflastert, führt aber schließlich direkt zum Nordrand des Ihlandsees. Im nördlichen Teil darf nicht gebadet werden, hier ist Angelgewässer, im südlichen Zipfel an der Straße nach Strausberg ist eine Badestelle.

Zum Straussee geht es nur noch bergab. Am Eingang des Ortes sollte man nicht die alte, jetzt für Autos gesperrte Uferpromenade verpassen. Nach einiger Zeit schwenkt der Weg dann vom Ufer weg und man ist mitten im Ort. Überraschenderweise brauchen wir uns jetzt auch wieder nicht mit Autos zu beschäftigen, sondern können durch die ebenfalls für Autos verbotene „Grosse Straße“ rollen. Die Straßenbahn ist in diesem Abschnitt stillgelegt, weiter unten fährt das Bähnle noch. Wer bis zur S-Bahn Strausberg -Vorstadt will, braucht nur den Straßenbahnschienen zu folgen.

Die S-Bahn von Strausberg Nord fährt nur alle 40 Minuten. Um den Bahnhof herum liegt eine häßliche Neubausiedlung, die hauptsächlich von NVA-Offizieren bewohnt wird, die im Hauptquartier der NVA, dem „Pentagon der DDR“, beschäftigt sind. Auf der Ostseite liegt eine Gaststätte, in der man ungemütlich zwischen Klo und Küche sitzt, wenn es zu kalt ist, um auf der Terrasse zu bleiben. Die Fahrt mit der S -Bahn zurück bis Friedrichstraße dauert dann gut eine Stunde.

Axel von Blomberg