„Giftgas geht - Rüstung bleibt“

■ Bürgerinitiativen und Flottillenadmiral Schmähling kritisieren beim Ostermarsch in Clausen den überstürzten Giftgasabzug als „Gunsterweis der Amerikaner an Kohl“

Clausen (taz) - „Das Giftgas geht, die alte Rüstungspolitik bleibt“ - der derzeit suspendierte Flottillenadmiral Elmar Schmähling bezweifelte beim Ostermarsch im pfälzischen Clausen am Montag nachmittag die Aufrichtigkeit der Abrüstung des Westens. Der Abzug der C-Waffen aus dem US -Giftgasdepot bei Clausen dürfe keineswegs als „Zeichen der Vernuft und des Umdenkens“ verstanden werden. Der Abzug der „veralteten“ Giftgasmunition passe vielmehr ganz in das Konzept der Umrüstung und Modernisierung des Westens. Eine wirkliche Abrüstung bei C-Waffen sei, so Schmähling, „noch lange nicht geplant“. „Im Gegenteil“, so der Flottillenadmiral weiter, „daß die USA ihre neuen binären Kampfstoffe im Frieden nicht in der Bundesrepublik stationieren dürfen, heißt noch lange nicht, daß sie diese nicht im Krisenfall über Nacht hier herbringen.“

Schmähling forderte die versammelten BürgerInnen zur Gegenwehr auf. Sie sollten endlich ihre Stimmzettel als „politische Schwerter“ nutzen und den „unbelehrbaren Politikern“ den „Zugriff auf unsere Steuergelder sperren“. Sonst gingen der Rüstungsexport in die Dritte Welt und die Aufrüstung im eigen Land weiter, würden „weiter neue Militäranlagen gebaut, Wälder abgeholzt, Bauern enteignet“.

Wie die Bürgerinitiativen, so vermutete auch Schmähling im C-Waffen-Abzug, der schon im Juni beginnen soll, einen „Gunstbeweis“ der Amerikaner an den Bundeskanzler. Kohl könne so den Abzug noch vor der Bundestagswahl im Dezember „wahlwirksam inszenieren“. Unbedeutend sei dabei, daß sich durch den „überraschend frühen Abzug“ das Risiko verschärfe, wie selbst US-Experten wiederholt festgestellt hätten.

Derweil bestehen unter den PfälzerInnen immer mehr Zweifel an der Sicherheit des Abzugs. Überall ist spürbar, daß die BürgerInnen offiziellen Beteuerungen mißtrauen. Sie wissen weder, was nach dem Abzug mit dem Depot Clausen passieren soll noch was in dem US-Sonderdepot Fischbach lagert, das zeitweise für das Giftgaslager gehalten worden war. Sie fordern die Auflö sung des Clausener Depots und seine Freigabe für die zivile Nutzung.

Zum Ostermarsch kamen rund 500 BürgerInnen in das entlegene Clausen, es kam zu keinerlei Zwischenfällen. Selbst von den Blockaden, die die 'Deutsche Presseagentur‘ angekündigt hatte, fehlte jede Spur. Der Marsch führte nicht einmal in die Nähe des nun weiträumig umzäunten Giftgaslagers, sondern lediglich von der Kirche des Dorfs zu einer nahe Dorfwiese. Auffällig war das Desinteresse der AnwohnerInnen der 1.600 -Seelen-Gemeinde Clausen, in der die CDU zwölf Ratssitze hält, die SPD drei: Nur etwa 30 Clausener konnten sich dazu durchringen, am Marsch teilzunehmen. Eine Teilnehmerin zur taz: „Wer an so was teilnimmt, der wird hier schon als Chaot schief angeschaut.“

jow

Bericht vom Hearing im US-Kongreß zu den neuen binären Chemiewaffen auf Seite 9