Sloweniens Atommeiler demnächst vom Netz?

■ Neue Regierung des Wahlbündnisses DEMOS beabsichtigt als erste Regierungsmaßnahme, Problemreaktor abzuschalten

Budapest (taz) - Jugoslawiens einziger Atomreaktor wird so bald wie möglich abgeschaltet, weitere Atommeiler werden nicht in Bau gehen. Dies erklärte Ostern Veno Kosnik, ein grüner Spitzenpolitiker des slowenischen Wahlbündnisses DEMOS, das bei den ersten freien Wahlen Jugoslawiens am 8. April in der Republik Slowenien mit 55 Prozent der Stimmen als absoluter Wahlsieger hervorging und damit 47 der 80 Abgeordneten in der gesellschaftspolitischen Kammer stellt. DEMOS, eine Koalition aus Christdemokraten, Sozialdemokraten, Bauernpartei, Grünen und einer Reihe unabhängiger Gruppen, wird die erste freie Nachkriegsregierung einer jugoslawischen Teilrepublik stellen. Sie wird, so Kosnik, als erste Maßnahme den Pannenreaktor bei Krsko stillegen.

Jugoslawiens einziger Atommeiler ging 1981 ans Netz und stand seit der Katastrophe von Tschernobyl zunehmend im Kreuzfeuer der Kritik. Nicht weniger als 80mal mußte der 1.000-Megawatt-Reaktor in der Zwischenzeit abgeschaltet werden, nicht nur wegen unzähliger Zwischenfälle, über die wenige Einzelheiten bekannt wurden, sondern auch wegen kleinerer Erdbeben. Krsko liegt nämlich in einer extrem erdbebengefährdeten Region, 45 Kilometer von der Industriemetropole Zagreb und 70 Kilometer von der slowenischen Landeshauptstadt Ljubljana entfernt.

Immer wieder behaupteten böse Stimmen, Krsko solle als nukleare Aufarbeitungsanlage herhalten, um Jugoslawien den Bau einer Atombombe zu ermöglichen, was von Belgrad jedoch stets vehement bestritten wurde. Obwohl Jugoslawien bereits vor zwei Jahren das Geld für den Bau weiterer Atommeiler ausging, setzte man alles an den weiteren Ausbau von Krsko, zu dem ersten Block sollten weitere zwei bis drei Blöcke errichtet werden, so interne Baupläne.

Proteste unzähliger Bürgerinitiativen und grüner Gruppen ließen die kommunistischen Politiker kalt. Im Januar erklärte Sloweniens Außenministerin, Krsko zähle zu den sichersten Kraftwerken der Welt, und der ehemalige Ministerpräsident Dusan Sinigoj im Februar nicht weniger selbstsicher: „Eine Schließung kommt erst an dem Tag infrage, an dem die vollkommene Betriebssicherheit nicht mehr garantiert werden kann und keinen Tag früher.“

Roland Hofwiler