Projekt für eine solidarische Welt

■ Internationales Kommunikations-, Kultur- und Info-Zentrum für Ausländerfreundlichkeit

Im „weltoffenen“ Abgrenzsystem hätte es das nie geben dürfen - das Ausländerproblem. Jetzt haben wir den Salat. Man kann endlich allen Frust offen rauslassen! Vielen stinkt es, daß am deutschen Kuchen auch Fremde knabbern wollen. Da werden VietnamesInnen Reiskörner in den Mund gezählt, MocambikanerInnen und PolInnen angepöbelt oder gleich mal verdroschen. Da werden VEB-KubanerInnen im „Einzelbau“ rund um die Uhr bewacht und Abschiebung in das Heimatland bei Schwangerschaft angedroht.

Abneigung gegen alles Fremde hat seine Ursachen in eigenen Problemen, Zukunftsangst, in Unkenntnis und mangelnder Toleranz. Wie sagte doch ein schlauer Rep gegenüber der 'Jungen Welt‘ am 29. Januar am Rande der Leipzig-Demo? „Wir haben Kultur. Wir sind das kultivierteste Volk in Europa, wenn nicht sogar in der Welt. Die großen Wissenschaftler, Künstler, Musiker und alles was irgendwie den Touch vom höheren Genie hat, kam aus Deutschland.“

Was weiß jeder von uns tatsächlich von südamerikanischer Lebensweise, asiatischen Künstlern, Stammesbeziehungen in Ländern der sogenannten Dritten Welt oder Familienbanden in türkischen Gefilden?

Genau an diesem Punkt hakt eine Projektgruppe in Berlin ein, die sich für ein multikulturelles Klima einsetzt: Fünf Frauen gaben ihr den Namen SUSI (solidarisch, unabhängig, sozial, international). Es geht um Achtung vor Menschen anderer Kulturen, gegen Rassismus, Nationalismus, Chauvinismus, Neofaschismus und Fremdenhaß.

„Früher“, so Karina Hennig, „war das Projekt nur Spinnerei. Seit November ist es jedoch ein konkreter Plan.“ Zunächst wollen Karina (Amerikanistin), Christiane Barckhausen-Canale (Schriftstellerin), Dr. Heide Damaschun (Politikwissenschaftlerin), Astrid Luthardt (Internationale Jugendarbeit BRD/Westberlin) und Dr. Gabi Nagy (Asienwissenschaftlerin) einen Treffpunkt der DDR-Menschen mit ausländischen Gästen herbeizaubern, in Clubcafeatmosphäre, mit Rund-Tisch-Gesprächen, Länder- und Volkloreabenden, Lesungen, alternativem Theater der darstellenden Kunst, um einander näherzubringen und auf globale Probleme aufmerksam zu machen.

Im Gespräch ist eine Präsenzbibliothek mit Leseraum, in dem Bücher und Periodika erhalten und vervielfältigt werden können. Kontakte zum Dok-Film-Archiv sind geknüpft mit Blick auf eine Videothek. An eine Galerie internationaler fortschrittlicher humanistischer Kunst mit Verkaufsausstellungen wird gedacht. Erstes Thema: Sowjetische Künstler zum Afghanistan-Krieg. Vor allem soll den Dritte-Welt-Künstlern geholfen werden, ihre Werke und ihr Anliegen publik zu machen.

Das Projekt ist einfach zu umfassend, um alles vorzustellen. Doch die Sprach-, Landeskunde-, Volkskunst oder Kochkurse müssen noch erwähnt werden, wie auch alternative Kultur und Bildung für Kinder.

Langsam, zu langsam läßt sich allerdings SOETWAS anschieben, diese Erfahrung mußten die SUSI's jedenfalls machen. Geld ist knapp, Kultursponsoren sowieso. Die Frauen bissen bisher beim Klinkenputzen in Punkto Heimstatt auf Granit beim Magistrat, der DSF, des DFD, des FDGB. Nur der Kontaktraum im Haus der Demokratie stand wochenlang zur Verfügung.

„Wärmste Unterstützung“ war schnell vom Kulturminister zugesagt. Bisher kam nur laue Luft, geschweige viel Raum und ein Pfennig Geld aus dem Staatssäckel. Und im Bereich Kultur des Stadtbezirks Mitte wurde frau geradezu verlacht.

Eine Ausnahme war die PDS-Kreisleitung Friedrichshain. Zwar wollten die multikulturellen Frauen anfangs nicht so richtig ran, da sie keiner Partei zu nahe treten, aber das Angebot ist angenommen.

Joachim Hänsch