MANN AUS STEIN

■ „The Cool World“ im Sputnik

In düster schönen Schwarzweißbildern fängt Shirley Clarke Details des kleinkriminellen Alltags einer Gang schwarzer Jugendlicher in Harlem ein und zeigt, ohne moralischen Zeigefinger, eine Mechanik, die vom Überlebenwollen/müssen direkt in den Knast führt.

Der Film beginnt mit einer Stadtrundfahrt. Den Jugendlichen wird die Welt gezeigt: die Fifth Avenue, das Plaza Hotel, die größte Bibliothek der Welt und der erste Landesvater der Vereinigten Staaten, ein großer, weißer Mann aus Stein. Uninteressiert sehen sie die Symbole amerikanischen Wohlstands. Ihre Welt liegt nur ein paar Straßen weiter, doch das ist sehr weit.

Im Alltag ist der 14jährige Duke Mitglied einer Gang und träumt davon, Bandenführer zu werden. Sein größter Wunsch ist eine Knarre, mit deren Hilfe er zu den Starken gehören würde. Doch der Traum endet in einem blutigen Kampf mit einer anderen Gang, im Verlauf dessen er schließlich festgenommen wird.

Die Erzählung (nach einem Roman von Warren Miller) folgt dem Rhythmus der Musik Mal Waldrons (mit Dizzy Gillespie, Yusef Lateef) und steigert sich zuweilen zur optischen Jazzballade oder, wenn das gesprochene Wort den Dialog mit der Musik aufnimmt, zu einem beschleunigten Herzschlag-Rap. The Cool World ist ein Film aus dem Geiste des Jazz und über das Lebensgefühl, aus dem dieser entstand, ein Film wie Jazz.

Gunter Göckenjan

„The Cool World“ ab heute im Sputnik Südstern, 23.15 Uhr.