Ausländerbeauftragte an die Ministerleine?

Das ressortübergreifende Amt der Ausländerbeauftragten Almuth Berger soll einem Fachministerium unterstellt werden / Bislang hat sie weit mehr Kompetenzen als ihre Kollegin in Bonn / Berger will weiter eigenständige Institution bleiben / Keine Unterstützung aus Bonn  ■  Aus Berlin Andrea Böhm

Knapp sechs Wochen ist die erste Ausländerbeauftragte der DDR, Almuth Berger, im Amt - kaum Zeit genug, sich im Flurdschungel des Ministerratgebäudes zurechtzufinden, da müssen die Berliner Pastorin und ihre drei MitarbeiterInnen bereits um ihren autonomen Status als Staatssekretariat für Ausländerangelegenheiten kämpfen. Im frisch vereidigten Kabinett wird überlegt, das Amt einem Fachministerium zu und damit unterzuordnen. Im Gespräch sind das Innenministerium unter DSU-Shooting-Star Peter Michael Diestel, das Ministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit unter Wilhelm Ebeling (DSU), oder das Ministerium für Arbeit und Soziales, das die SPD in den Koalitionsvereinbarungen für sich verbuchen konnte.

Im Büro der Ausländerbeauftragten will man jedoch keinesfalls zum Appendix eines Fachressorts heruntergestuft werden. „Völlig klar, wir wollen weiterhin als eigenständige Stelle dem Ministerrat unterstellt bleiben“, erklärt Anetta Kahane, im Büro Berger zuständig für Öffentlichkeitsarbeit. Bergers vergleichsweise weitreichenden Kompetenzen sind noch in den Zeiten des Runden Tisches durchgesetzt worden.

Im Unterschied zu ihren westlichen Kolleginnen hat sie Mitspracherecht bei der Ausländergesetzgebung; Fachministerien und Behörden sind ihr gegenüber auskunftspflichtig; bei drohenden Abschiebungen hat sie Veto -Recht. Zwar fehlt bislang der organisatorische Apparat, um diese Kompetenzen auch in praktische Politik umzusetzen. „Noch haben wir keinen eigenen Etat“, sagt Anetta Kahane. Zudem ist das Team im Moment noch mit Einzelfallberatung und „Feuerwehreinsätzen“ völlig überlastet.

„Kein Kommentar“, erklärte auf Anfrage der taz kurz und knapp der zur Zeit amtierende Minister für Arbeit und Soziales, Kaminski; er konnte sich aber einen kleinen Hinweis nicht verkneifen: „Mir ist lediglich bekannt, daß die Ausländerbeauftragte in der Bundesrepublik dem Arbeitsministerium zugeordnet ist.“ Ob er dieses Beispiel für nachahmenswert hält, wollte er vorerst nicht verraten. Es habe seine Vor- und Nachteile. Sollte das Amt für Ausländerangelegenheiten dem Ministerium für Arbeit und Soziales zugeschlagen werden, würde die Ausländerbeauftragte just der Behörde unterstehen, die für Ausländerpolitik in der Vergangenheit maßgeblich verantwortlich zeichnete: Das ehemalige Staatssekretariat für Arbeit und Löhne, das mittlerweile zum Arbeitsministerium aufgewertet wurde, war zuständig für die Regierungsabkommen, auf deren Basis ausländische Arbeitskräfte faktisch ausgeliehen wurden. Erste Abkommen wurden bereits in den 60er Jahren mit Polen und Algerien unterzeichnet. Heute arbeiten noch rund 90.000 AusländerInnen in der DDR, darunter 58.000 VietnamesInnen, 16.000 MozambiquanerInnen, rund 8.000 CubanerInnen und etwa 1.000 AngolanerInnen. In den zahleichen wirtschaftlich bedrohten Betrieben stehen sie nun als erste auf der Kündigungsliste - Rationalisierungsdruck gekoppelt mit massiver Ausländerfeindlichkeit macht sie nun zu unerwünschten Personen (siehe taz von gestern).

Im Büro der Staatssekretärin für Ausländerangelegenheiten hat man inzwischen eine Verordnung entworfen für die AusländerInnen, die nun zwischen allen Stühlen sitzen. Danach dürften Betriebe ausländische ArbeiterInnen zwar frühzeitig entlassen, wenn dies aus wirtschaftlichen Gründen unumgänglich ist, die in den Abkommen festgelegten Verpflichtungen gegenüber diesen Menschen müssen jedoch eingehalten werden. Für die Unterbringung der Betroffenen müßte bis Ende der Vertragsdauer weiterhin gesorgt werden. Wer nach der vorzeitigen Auflösung nicht in sein Heimatland zurück will, soll ebenso Anrecht auf Arbeits- und Gewerbeerlaubnis sowie Umschulung haben wie ein Inländer.

Ob diese Vorlage Gesetz oder Makulatur wird, ist angesichts der ungewissen Zukunft des Amtes für Ausländerangelegenheiten völlig unklar. Auf Schützenhilfe ihrer Kollegin in der Bundesrepublik, Liselotte Funcke, wird Almuth Berger allerdings verzichten müssen. Im Bonner Büro der bundesdeutschen Ausländerbeauftragten denkt man zwar intern darüber nach, ob die Ausländerbeauftragte eines künftig vereinigten Deutschland möglicherwiese ein paar DDR -Errungenschaften übernehmen könnte. In die aktuelle Debatte in Ost-Berlin aber, so Pressesprecherin Winkler, „mischen wir uns überhaupt nicht ein.“