CDU: Neue Verfassung wäre nur Zeitverschwendung

■ Volkskammer debattierte über den Verfassungs-Entwurf des Runden Tisches

Berlin (taz) - In einer Aktuellen Stunde hat sich die Volkskammer gestern mit der Frage einer neuen Verfassung beschäftigt. Die DDR hat zwar eine Verfassung, doch die will niemand mehr. Auf fast jeder Volkskammer-Tagung wird an ihr herumgebastelt. Um diesem Problem abzuhelfen, gäbe es eine Lösung: Den Verfassungsentwurf des Runden Tisches durch eine Volksabstimmung an die Stelle der alten Verfassung zu setzen.

Gerd Poppe stellte den Entwurf vor. Der Grundgedanke ist, in eine neue Verfassung die demokratischen Erfahrungen der Herbstrevolution einfließen zu lassen. Im Vordergrund stehen dabei die sozialen Grundrechte (Recht auf Arbeit, Wohnung, Gleichstellung der Geschlechter) und Elemente direkter Demokratie (Volksabstimmungen).

Inhaltlich hatten die anderen Fraktionen an dem Entwurf nichts auszusetzen. Fast alle Redner waren voll des Lobs. Doch mit Ausnahme der PDS wollte sich keiner dafür aussprechen, diesen Entwurf tatsächlich zur Abstimmung zu stellen. Für die CDU/DA-Fraktion stellte B. Kögler die Frage: „Wozu brauchen wir noch eine neue Verfassung? Wir gehen mit eiligen Schritten auf die Einheit zu!“ Eine Verfassungsdiskussion wäre „Zeitverschwendung“. Für die DSU erklärte Jürgen Schwarz: „Wir als DSU wollen keine Neukonsolidierung der DDR“. Jetzt gehe es darum, „so rasch wie möglich“ der BRD nach Art. 23 Grundgesetz beizutreten.

Etwas differenziertere Töne waren von der SPD zu hören. Deren Fraktionsvorsitzender Schröder befürwortete eine Veränderung der bestehenden Verfassung nach dem „Bausteinprinzip“. Dabei könne man auf die gute Arbeit der Kommission des Runden Tisches zurückgreifen.

Insgesamt gesehen hat die Volkskammer ihre Aufgabe, sich mit den Verfassungsproblemen ernsthaft und gründlich auseinanderzusetzen, bei weitem noch nicht eingelöst.

Walter Süß