„Saubere Lösungen - mit unsauberen Leuten“

■ Der Potsdamer PDS-Politiker Rößiger gründet im Bezirksauftrag Büro zur Sanierung der undichten Deponien Schöneiche und Vorketzin

Ost-Berlin. Erst ließ er es zu, daß der Schaden entstehen konnte - jetzt sichert er seinen Arbeitsplatz, indem er den Dreck wieder beseitigt. Diesen Vorwurf erheben Mitarbeiter der Umweltbehörden des Bezirks Potsdam gegen Horst Rößiger, Mitglied im Rat des Bezirks und dort Chef der Abteilung für „Örtliche Versorgungswirtschaft“. Rößiger, ehemals SED und heute PDS, ist seit 1986 für die Mülldeponien im Bezirk verantwortlich - und damit mitschuldig an der Grundwasserverseuchung unter den Westmüllkippen in Schöneiche und Vorketzin sowie unter zahllosen Deponien für den eigenen DDR-Abfall. Diesen Mißständen soll, so beschloß es der Rat des Bezirks am 28. Februar auf Rößigers Vorschlag, ein „Büro für Deponiesanierung und Abprodukte“ abhelfen. Nicht nur die Erarbeitung der „Sanierungskonzeptionen“ für Vorketzin, Schöneiche und die (mit Ostberliner Müll beschickte) Deponie Schöneicher Plan soll das Büro koordinieren und kontrollieren, sondern auch die „speziellen Sanierungsprojekte“ und ein „Finanzierungsmodell zur Absicherung der Aufgaben“.

Doch mit dem Büro sichert Rößiger - sein Ratsbereich soll demnächst aufgelöst werden - zunächst erst mal seine eigene Finanzierung ab. Heute schon ist abzusehen, daß bei der Deponiesanierung Milliarden Westmark umgesetzt und Jahre vergehen werden - und heute schon stellt sich Rößiger intern als künftiger Leiter des elfköpfigen Büros vor. Der Ratsherr mag den Wechsel auf diesen krisensicheren Arbeitsplatz zwar nicht bestätigen, will ihn aber auch „nicht ausschließen“. Rößigers Stellvertreter Hoffmann räumt sogar offen seine „Bereitschaft“ ein, „dort mitzuwirken“.

Jetzt wollen die internen Kritiker den Runden Tisch des Bezirks, an dem vorbei der Beschluß „durchgepeitscht“ worden sei, mobilisieren. Die Potsdamer Umweltexperten begrüßen zwar die Gründung des Büros, wollen es aber mit Fachleuten besetzen, nicht mit abgehalfterten Politikern: „Wir sind für eine saubere Lösung. Aber die gibt es nur mit sauberen Leuten.“ Rößiger dagegen sei mitverantwortlich für einen drohenden „Müllnotstand“ im Bezirk Potsdam. Nicht nur unter den Westmüllkippen sei heute das Grundwasser verseucht, sondern auch auf den „mehr als 400 Müllplätzen“ für den Bezirksabfall herrschten „desolate Zustände“, bemängeln Experten der Umweltinspektion, der Bezirkshygieneinspektion (BHI) und der Abteilung Geologie in einem internen Kritikpapier. Mehr als ein volles Jahr habe Rößiger überdies gebraucht, um einen Auftrag der Umweltinspektion vom Januar 1989 endlich erledigen zu lassen und das Grundwasser unter allen „geordneten Deponien“ im Bezirk zu kontrollieren.

Rößiger selbst weist die Kritik weit von sich. „Nach bestem Wissen und Gewissen“ habe er stets „die Dinge vorangetrieben“. Doch die Art und Weise, wie er die Dinge heute noch vorantreibt, wollen die Experten aus den Potsdamer Umweltbehörden nicht mehr hinnehmen. Sie stoßen sich an einem weiteren Detail des Ratsbeschlusses vom 28. Februar. Nach dem Wortlaut des der taz vorliegenden Beschlusses - „Nur für den Dienstgebrauch“ - wird nämlich auch der altbekannten Handelsgesellschaft Intrac geholfen, ihr wirtschaftliches Überleben zu sichern. Die Intrac, die in der Vergangenheit die Importe von Westmüll in die DDR abwickelte, soll mit ihrer Tochtergesellschaft AWUS nun an einer neuzugründenden bezirkseigenen GmbH beteiligt werden, die sich ebenfalls um die Deponiesanierung kümmern soll.

Das geht den MitarbeiterInnen der Potsdamer Umweltbehörden endgültig über die Hutschnur. Die Verantwortlichen der heutigen AWUS GmbH hätten - noch „unter den stalinistischen Strukturen“ der Vergangenheit - gleich „mehrfach“ die Potsdamer Umweltbehörden „unter Druck“ gesetzt. Sie seien es gewesen, die Anfang der siebziger Jahre - damals noch unter dem Dach der Firma „Bergbau/ Handel“ - als „Hauptopponent“ auftraten, als es um einen umweltgerechten Deponiebau in Vorketzin ging. Die Bezirksumweltbehörden forderten damals eine Basisabdichtung für die Kippe. Den Müllimporteuren der heutigen AWUS erschienen die Kosten - 600.000 Mark (West) als zu hoch. Die Geschäftemacher setzten sich damals durch und sollen nun an den mangels Abdichtung entstandenen Grundwasserschäden erneut verdienen.

hmt