Fährunglück ohne Konsequenzen

■ Passagierlisten werden eingeführt / Grünes Licht für Sklavenschiffe

Stockholm (taz) - Das Fährenunglück mit der „Scandinavian Star“ wird keine Konsequenzen im Sinne schärferer Sicherheitsbestimmungen haben. Zumindest in absehbarer Zeit nicht. Ein StaatssekretärInnentreffen der vier nordischen Länder Dänemark, Schweden, Norwegen und Finnland am Dienstag in Stockholm, einberufen als Reaktion auf das Fährenunglück vom vorletzten Wochenende, endete in Uneinigkeit. Zwar wurde vor der Presse ein 5-Punkte-Kommunique präsentiert, das aber vor allem aus Altbekanntem besteht. Drei der fünf Punkte waren schon bisher geltendes Recht. Eine jetzt beschlossene Verdoppelung der Brandwachen und die neue Bestimmung, daß nachtgehende Fähren eine Passagierliste führen müssen, stellen lediglich marginale Sicherheitsverbesserungen dar.

Allgmein war erwartet worden, daß sich die Verkehrsministerien unter dem Eindruck des Unglücks auf ein Vorgehen gegen Fährschiffe unter Billigflagge einigen würden. Dies wurde aber vor allem von der norwegischen Regierung verhindert. Norwegen hat seit einigen Jahren seine eigene Billigflagge, das „Zweitregister“ NIS. Den Eindruck, daß Schiffe, die in diesem Zweitregister registriert sind, gleichzeitig auch nur zweitklassige Sicherheit bieten, wie dies die Gewerkschaften sehen, wollte man in Oslo vermeiden. Die Folge: Es wurde erstmals offiziell grünes Licht für die von den Seeleutegewerkschaften „Sklavenschiffe“ getauften Boote gegeben. Wenn es sich die norwegische Reederei Fred Olsen nicht aufgrund des negativen Presse-Echos noch anders überlegt, wird ab Juni die fast 25 Jahre alte „Black Prince“ mit philippinischer Besatzung zwischen Göteborg und Kopenhagen auf Fahrt gehen.

Die schwedische Staatssekretärin Gunnel Färm war deshalb auch deutlich unzufrieden. Das Treffen sei ein Rückschlag gewesen, frühere Einigkeit in der Billigflaggenfrage mit der, damals noch sozialdemokratisch geführten, norwegischen Regierung sei leider nicht mehr vorhanden. Als einzige Möglichkeit bleibe jetzt, die tatsächlichen Sicherheitsüberprüfungen zu verstärken. Ob diese denn ausreichend gewesen wären, die Fahrt der „Scandinavian Star“ zu stoppen, wollte ein Journalist auf der Pressekonferenz nach dem mißglückten „Sicherheitsgipfel“ am Mittwochabend wissen. Betretenes Schweigen des Gruppenbildes mit Dame aus vier Ländern und dann ein leise gemurmeltes „Kein Kommentar“ des norwegischen Staatssekretärs Sven Svendsen. Auch so kann man „Nein“ sagen.

Reinhard Wolf