Bushs Steinzeit-Ökologie

Nach dem offenen Konflikt über den Treibhauskonflikt droht allseits Untätigkeit  ■ K O M M E N T A R E

Die Dreistigkeit, mit der der Welt mächtigster Steinzeit -Ökologe die Erde in den Schwitzkasten nimmt und das Primat der Wirtschaft vor dem Klimaschutz predigt, macht erstmal baff. Immerhin waren es die Amerikaner, die sich in den siebziger und frühen achtziger Jahren mit scharfen Grenzwerten für Autoabgase und fortschrittliche Ideen bei der Begrenzung ihres immensen Energieverbrauchs sogar das Image des Öko-Vorreiters erwarben. Und es war George Bush, der sich selbst den Ehrentitel des „Umweltpräsidenten“ verlieh.

Was also reitet den Mann, daß er sich nun vor der Weltöffentlichkeit derart ungeniert als Ober-Umweltsau präsentiert? Den Ausschlag hat offenbar die grassierende Angst vor der Wirtschaftsmacht Japan gegeben, zu der sich künftig die eines geeinten Europa als Bedrohung hinzugesellt. Was hierzulande als Binsenweisheit gilt, daß sich nämlich ökologisches Wirtschaften längerfristig auch ökonomisch „rechnet“, ist bis zu den Beratern des US -Präsidenten noch nicht vorgedrungen.

Doch Furcht vor wirtschaftlicher Schwindsucht und dumpfe Ignoranz gegenüber den Folgen des Treibhauseffekts erklären die US-amerikanische Haltung nur zum Teil. Die Strategie „Forschen bis zum St. Nimmerleinstag“ basiert zusätzlich auf einem kühlen politischen Kalkül. In Europa und der sogenannten Dritten Welt hat sich längst herumgesprochen, daß moderate Verhaltensänderungen der US-Amerikaner - etwa beim Energieverbrauch - das Weltklima wirksamer entlasten könnten als alle denkbaren Anstrengungen anderswo. Anders ausgedrückt: Wenn die nordamerikanischen Umweltkonsumenten bei den Anstrengungen um die Stabilisierung des Weltklimas nicht mitziehen, brauchen alle anderen gar nicht erst anzufangen. Genau darauf spekulieren Bushs Unterlinge - und man darf annehmen: auch einige jener europäischen Umweltverantwortlichen, die sich - unter dem Druck einer sensibilisierten Öffentlichkeit zu Hause - jetzt in Washington als Speerspitze der Ökologie-Bewegung präsentierten. Am Ende können dann wieder alle mit dem Finger auf den bösen Nachbarn zeigen und ansonsten in Untätigkeit verharren.

Außerdem probt Bush den Schulterschluß im eigenen Land. Die Wirtschaft applaudiert, und über den Klimaforschern wird das Füllhorn ausgeleert. Eine schlappe Milliarde Dollar will der „Umweltpräsident“ sich die weitere Erforschung des Treibhauseffekts nämlich kosten lassen - Korruptionszulage inbegriffen. Manch potentieller Adressat solch präsidialer Großzügigkeit dürfte nun darüber ins Grübeln geraten, ob es weiterhin opportun ist, die Hinhaltepolitik Bushs als das zu bezeichnen was sie ist: unverantwortlich.

Gerd Rosenkranz