Pink Floyd und „The Schutzwall“

■ Die 70er-Jahre-Band will Mauerschau im Niemandsland am Potsdamer Platz / Showdown der Chose ist der Zusammenfall der ideellen Gesamtmauer

Berlin. Nicht die Stones und schon gar nicht Prince werden die Abräumer des ersten Großberliner Kultursommers, sondern ein Megaereignis im Todesstreifen zwischen Potsdamer Platz und Brandenburger Tor soll die Völker der Welt ohn‘ Unterlaß auf diese Stadt schauen lassen.

Die legendäre Rockshow „The Wall“, 1979 von Pink Floyd, der Lieblingsband aller langhaarigen Haschischverbraucher als Album und dann als Film vorgestellt, soll am 21. Juli 1990 als Neuinszenierung genau da stattfinden, wo in Zukunft Mercedes Benz regieren will. 250.000 Menschen sollen zur „größten Nachkriegsveranstaltung auf dem Potsdamer Platz“ nach Mauerbau und Mauerabriß kommen. Roger Waters, Ex-Pink -Floyd-Leader und Komponist der Rockshow hat das Spektakel zusammengestellt. Die Band selber, die von dem Rührstück bis heute rund 19 Millionen Platten verkauft hat, wird laut Waters aber nicht dabeisein.

Nach Los Angeles, New York, Dortmund und zwei Auftritten in London wird „Wallcity“ die fünfte Inszenierung des größten Pink-Floyd-Erfolges erleben. „Die Vorbereitungen laufen phantastisch“, strahlte Waters bei der gestrigen Pressekonferenz. Vor allem die Grenztruppen der DDR stellen ihr Know-how zur Verfügung. Schließlich soll wiederholt werden, was ihnen weltweit erstmals freundliche Kommentare eingebracht hat.

Eine 20 Meter hohe und 200 Meter lange Mauer soll als Höhepunkt in sich zusammenfallen. Einbezogen werden Hubschrauber, Militärkapellen, ein Symphonieorchester und bekannte Chöre. Insgesamt sollen 300 KünstlerInnen aus allen Teilen der Welt „The Wall“ so inszenieren, daß der Name und die guten Absichten des eigentlichen Veranstalters - der neugegründete englische „World War Memorial Fund for Disaster Relief“ - möglichst effektiv in den Köpfen hängen bleibt. Mit dieser Organisation will der hoch dekorierte Royal Air Force Bomberpilot, Group Captain Leonard Cheshire, Geld auftreiben, um in Katastrophenfällen überall auf der Welt schnell und unabhängig direkte Hilfe leisten zu können. Grundidee des Ex-Soldaten ist, für jeden, der in diesem Jahrhundert bei Kriegen umgekommenen rund 100 Millionen Menschen fünf englische Pfund zu sammeln. Die so zusammenkommenden 1,4 Milliarden Dollar sollen in einen Fond zur Soforthilfe eingebracht werden. „Für jedes verlorene Leben mindestens eines retten“, wie er selber sagt.

Dank Roger Waters exzellenten Verbindungen im internationalen Musikbusineß ist mit einer hochkarätigen Besetzung des Spektakels zu rechnen, das den Abschluß eines ganztägigen Kulturprogrammes bilden wird. Wer genau die Bühne und die Masse beleben soll, wollte er auf der Pressekonferenz noch nicht sagen. „In drei bis vier Wochen, wenn ich alle Zusagen auf dem Tisch habe, melde ich mich wieder“, vertröstet er das neugierige Volk. Das soll 35 D -Mark berappen. Die 6,5 Millionen Dollar, die der Kulturschocker kosten wird, sind bereits jetzt durch den Verkauf von Senderechten an TV- und Radiostationen in aller Welt gedeckt.

Da Berlin schon häufiger unter vorher groß angekündigten Megaereignissen am Ende eher gelitten hat (Hellers Feuerzauber oder die Erstürmung des Brandenburger Tores zum Jahrhundertsilvester zum Beispiel), soll diesmal alles besser werden. „Dank der jetzt hervorragenden Zusammenarbeit zwischen der Polizei in Ost und West“, meint Staatssekretär Kirchner aus Anke Martinys Kulturverwaltung, „wird es diesmal reibungsloser verlaufen als früher“.Ausnahmeregelungen für diesen Tag, ausgestellt von der Regierung der DDR und unterstützt von allen vier Alliierten, werden einen Zu-und Abgang nach Ost und West ermöglichen.

Am Rand gab es dann noch Gerüchte über Band-interne Streitigkeiten wegen der Aufführungsrechte. Der taz wurde aber von den Organisatoren versichert, daß diese keine Auswirkungen auf das geplante Todesstreifenspektakel haben werden.

Torsten Preuß