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„Wir hätten lieber besetzen sollen“

■ Beirat Schwachhausen fühlt sich einstimmig beim Gästehaus-Abriß „übertölpelt“

Vor drei Wochen wurde das Senatsgästehaus abgerissen. Doch noch heute wartet der Beirat Schwachhausen auf die bereits im Februar erbetene Auskunft des zuständigen Finanzsenators über den Stand der Abrißplanung. „Wir wurden einfach übergangen“, resümierte die Schwachhauser SPD-Beirätin Ingrid Buchholz, „statt abzuwarten, hätten wir das Gästehaus lieber besetzen sollen.“

So einhellig wie der Applaus für die empörte Beirätin fiel am Donnerstag abend auch die Abstimmung über die Anträge der Beiratsfraktionen aus: Alle Protestresolutionen, Mißbilligungen des Senats und Forderungen nach schonungsloser Aufklärung wurden einstimmig beschlossen. Der originellste Vorschlag stammte dabei vom CDU-Beirat Röper: Er beantragte die Erstellung einer ausführlichen Dokumentation der Vorgänge um den Senatsgästehaus-Abriß, die allen Bremer Schulen als Unterrichtsmaterial zur Verfügung gestellt werden soll.

Wenig Trost fanden die Schwachhauser Beiräte darin, daß sie nicht die einzigen waren, die in Sachen Gästehaus-Abriß übergangen worden waren. Während sie auf die Stellungnahme des Finanzsenators noch immer warten, erreichte sie am Donnerstag zum Beispiel ein Brief des Senators für Umweltschutz. „Am Abbruchgenehmigungsverfahren wurde meine Behörde nicht beteiligt“, heißt es darin resigniert, „dieses wäre im Rahmen der Anhörung öffentlicher Belange notwendig gewesen.“

Als „Lehrstück“ begreift SPD-Beirat Weigel den Nacht- und -Nebel-Abriß. „Wir haben gelernt, daß es in Bremen einen Senat gibt, der Raubbau am Stadtbild betreibt“, sagte er. Und das am zuständigen Beirat einfach vorbei: „Das Beiratsgesetz ist nicht mehr wert als das Papier, auf dem es steht“ - Beifall von allen Fraktionen. „Wir fühlen uns schmählich hintergangen und übertölpelt“, beklagte die grüne Beirätin Meyer.

Für ihren einstimmigen Ärger fanden die Schwachhauser Beiräte, ihr Ortsamtsleiter Müller und rund 50 BürgerInnen am Donnerstag allerdings kein rechtes Ziel: Die Trümmer des Hauses sind schon abgeräumt und der politisch verantwortliche Senator Konrad Kunick hatte es vorgezogen, der Einladung zur Beiratssitzung nicht zu folgen. Stattdessen hatte er einen seiner Baurechts-Referenten geschickt, der zum Thema nicht mehr beizutragen hatte als den Verweis auf die Paragraphen des Bremer Baurechts.

Um Nacht-und-Nebel-Abrisse ehrwürdiger Schwachhauser Häuser in Zukunft zu verhindern, forderten die Beirats-Fraktionen eine „Erhaltungssatzung“. Damit wäre jeder Abriß genehmigungspflichtig. „Das ist sinnvoller als das Vertrauen auf den Denkmalschutz“, erläuterte Ortsamtsleiter Arnold Müller, „denn für den ist in Bremen sowieso kein Geld da.“ Bislang, so hatten die verdutzten Schwachhauser erfahren, kann in ihrem „gewachsenen Stadtteil“ nämlich jeder private Besitzer sein Haus abreißen, wann er will.

Ase

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