Schmuddelkind auf ewig

Wie die taz in der Bundeshauptstadt an ihrem alten Ruf als linksradikale Tageszeitung zu knabbern hat  ■ B O N N A P A R T

Also nee - irgendwie ist das unverständlich. Da gibt sich die taz doch wirklich Mühe, nicht mehr allzu sehr aufzufallen, abzuweichen, aufzustoßen: So darf etwa Heiner Geißler, Ex-CDU-Generalsekretär, bei uns die DDR-Wahl kommentieren, Überschriften wie „Ungarn übt sich in Demokratie“ sind inzwischen selbstverständlich, und auch unsere Leitartikel zur großen Politik tragen doch jede Menge Staat. Trotzdem: Das Bild von den unappetitlichen Linksradikalen, mit denen man sich nicht abgibt, bleibt an manchen Ecken hartnäckig kleben.

Zum Beispiel im Bonner Innenminsterium. Zwar beklagen sich auch nicht wenige KorrespondentInnen anderer Zeitungen darüber, wie nachlässig Wolfgang Schäubles Pressestelle mit ihren Anliegen umgeht. Gar nicht allerdings ging sie lange Zeit mit der taz um: Rief man dort an, war der eine Sprecher meist in einer Sitzung, der andere dienstlich unterwegs. Probierte man es noch mal, war der andere in einer Sitzung, der eine dienstlich unterwegs. Rückrufe gab's fast nie. „Sie müssen's eben immer wieder probieren. Mit der taz hat das nichts zu tun“, beschied vor einiger Zeit knapp und unfreundlich einer der Sprecher des Innenministeriums. Von wegen. Mit der taz in der Regel nicht reden: Diese Weisung soll vor einigen Jahren im Innenministerium ausgegeben worden sein. So berichtete es jedenfalls ein CDU -Staatssekretär einem Kollegen, und von dem wissen wir's. Die Weisung ist inzwischen aufgehoben - formal.

Formal kennt auch das Verteidigungsministerium keine Kontaktsperre. „Bedauerliche technische Probleme“ und „Versehen“, so erklärt es jedenfalls Kapitän Reichert, Sprecher dieser Behörde, daß bei unseren Anrufen in der letzten Zeit der Hörer auf die Gabel fiel - direkt nach der Angabe „hier ist...von der taz“.

Johannes Gerster hingegen, der innenpolitischer Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, demonstriert seine Abneigung geradezu. Nicht einmal eine Informationsfrage zum Ausländergesetz mochte er mir beantworten, denn „mit der taz rede ich nicht, die paßt mir nicht...Nein, kein Interesse, auf gar keinen Fall.“

„Die taz ist immer unfair“, „mit der taz will ich nichts zu tun haben“, „die taz kriegt von mir gar nichts“ - solcherlei war zuweilen sogar von sogenannten guten Liberalen zu hören. Einer von ihnen allerdings hat jüngst unsere Wandlungen wahrgenommen und sie umgehend gewürdigt: „Mensch, hab‘ ich mir neulich gesagt, als ich nach langen Jahren die taz mal wieder gelesen hab, die sind ja richtig normal geworden, mit denen könnte man ja direkt mal reden.“

Ferdos Forudastan