Von Perestroika wollen die Grünen nichts wissen

Grüne sagen Berliner „Perestroika„-Kongreß ab / Nach fast zweijähriger Vorbereitung im Streit zwischen Realos und Linken zerrieben  ■  Aus Bonn Gerd Nowakowski

Ein „Highlight“ der Grünen im Bundestagswahljahr sollte der „Perestroika„-Kongreß nach Meinung der Vorbereiter werden jetzt aber findet die für Ende Juni in Berlin geplante Veranstaltung mit rund 1.000 Teilnehmern aus Ost und West überhaupt nicht statt. Den Grund für das jähe Aus nach fast zweijähriger Vorbereitungszeit bringt der Beisitzer im Bundesvorstand, Jürgen Reents, auf die knappe Formel: „Blockade eines mißliebigen Projekts.“

Ein Streitobjekt war das vom „linken Forum“ angeregte Projekt von Beginn an. Daran änderte auch die formale Zustimmung von Bundesvorstand und Bundestagsfraktion nichts. Immer wieder kam es wegen inhaltlicher Differenzen zu Verzögerungen. Kritisch angemerkt wurde von den Realos mehrfach, daß wegen des Auftretens der KPdSU als Mitveranstalter die oppositionellen Bewegungen der Sowjetunion und Osteuropas unterrepräsentiert seien. Jürgen Reents weist dies zurück. Man habe vielmehr der sowjetischen Staatspartei eine gleichberechtigte Teilnahme der Oppositionsgruppen abgehandelt. Auch das ursprüngliche Konzept sei an die vorher nicht absehbar stürmische Entwicklung in Osteuropa angepaßt worden.

Wohl nicht genügend. Den Anfang vom Ende markierte die grüne Bundestagsfraktion mit einem zu später Stunde und bei geringer Besetzung gefaßten Beschluß, die finanzielle Unterstützung zu verweigern. Der den Realos nahestehende Fraktionsvorsitzende Willi Hoss begründet die Ablehnung damit, daß die politische Entwicklung diesen Kongreß zeitlich überholt habe. Auch die inhaltliche Ausrichtung sieht Hoss kritisch: Ein „reiner Kongreß zur Auflösung des Kommunismus - das steht nicht an“. Die Vorbereitungsgruppe habe an ihrem abgelehnten Konzept festgehalten und „nur minimal geändert“. Die Parteilinke habe mit dem Kongreß lediglich ihre eigenen Schwierigkeiten mit dem Zusammenbruch der sozialistischen Ideologie aufarbeiten wollen, glaubt Hoss. Dies aber sei für die Partei „irrelevant“.

An diesem Wochenende wird sich der Bundeshauptausschuß, der kleine Parteitag der Grünen, mit dem Thema beschäftigen müssen. Nach der Absage der Bundestagsfraktion hatte sich auch der Geschäftsführende Ausschuß der Berliner Alternativen Liste von dem Projekt zurückgezogen. Auch die Parteilinken haben das Projekt wohl endgültig abgeschrieben. Die politische Trägerschaft innerhalb der Partei sei zu schmal, gesteht Jürgen Reents nun ein. Das Vorbereitungsbüro in Berlin hat bereits die Konsequenzen gezogen: die Reservierungen für den Tagungsstätte und die Hotels sind storniert, den Referenten wurde abgesagt.