Picasso und ich

■ Hommage an Gertrude Stein im Frauenkulturhaus / „Heilige und Gesang“

Der mittlere von drei Abenden - Gertrude Stein gewidmet wurde von Katharina Seyferts Produktion, Inszenierung und Darstellung von „Heilige und Gesang“, einem Stück der Stein von 1922, zelebriert. Katharina Sey fert ist Schauspielerin in München und hat das Stück als erste aus dem Amerikanischen ins Deutsche gebracht. Sie hinterließ eine Reihe beseelter Stein-Fans im Gleichmut der Wiederholungen. „Schatz kannst du nicht dableiben und fühlen wie gestern und heute. Wie gestern und heute voll Wiederholungen ist.“

Gertrude Stein schrieb: „Ich war ungefähr 17 Jahre und kam nach Baltimore und lebte dort vor allem mit einem ganzen Clan sehr lebendiger kleiner Tanten, die alles wissen mußten. Da sie alles wissen mußten und jeder will es mußten sie es natürlich oft sagen und hören jeder will es. Ich begann darin bewußt zuzuhören was jeder sagte und was sie sagten

während sie sagten was sie sagten. Das war noch nicht der Beginn von Schreiben aber es war der Beginn von Wissen was es war: Was ist der Unterschied. Nichts macht den Unterschied so lange jemand zuhört während man spricht.“

Zurück zu Katharina Seyfert im langen Samtgewand: Keine Vergangenheit und keine Zukunft haben Bezug zu ihrem Stein‘ schen Jetzt-Ritual: Mal dies mal jenes glaubt sie und verwirft es. Es werden keine Geschichten erzählt. Singend, gehend, wählerisch stockend, springend, sprudelnd und abbrechend werden Verbindungen zu Gefühlen, zu Vornamen Vertrauter oder Fremder, wer weiß es, zelebriert. Und zu Behältern: „Religion“, „Natur“, „Kunst“, „Gesetz“, als auch zu Gegenständen und anderen Hülsen. Wortfelder, Satz-Ebenen der Heiligen, und Gesang werden eigenartig und merk-würdig von Seyfert organisiert.

Anna Postmeyer, Mitveran stalterin der Hommage an die Frau, deren Leben ihr Werk war und immer avant la garde, hierhin bitte

die Frau mit dem

Stirnband K. Seyfert als Gertrude Stein

sagte, was sie daran reizt: „Die Beharrlichkeit, sich nicht drum zu scheren. Und der bewußte und immer wieder öffentlich erklärte Machtan spruch der Stein, als (weibliches) Ich für eine Allgemeinheit zu sprechen. Sie schwang sich einfach auf und stellte sich an die Spitze.“

Die Bilder, die sie kaufte (Cezanne, Picasso - Freund über Jahrzehnte - Matisse, Gris, Braque), waren von Freunden, die sich regelmäßig in ihrem Pariser Salon trafen. Die wenigsten wußten, daß sie nachts ein Monumentalwerk verfaßte. Doch ohne ihre Köchin, Stickerin, Gärtnerin, Mäzenin, Geliebte und Verwalterin Alice B. Toklas, auch Lesbe und Jüdin, die 37 Jahre ihres Lebens teilte, hätte sie die Kraft, so konsequent Genie zu sein, nicht aufbringen können. „Sie waren ein Paar, eine stand vorne, eine im Hintergrund.“ Noch einmal die Stein: „Es liegt mir nicht daran, zu sagen, ob ich größer bin als Shakespeare. Er ist tot und kann nicht sagen, ob er größer ist als ich. Die Zeit wird's lehren.“ gür